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Breslau – die Stadt der Tausend Zwerge

Inzwischen bevölkern tausend kleine etwa Taubengroße Bronzezwerge die schöne Stadt an der Oder, die mit ihren zwölf Inseln und über 100 Brücken, ihren großen Parks mit altem Baumbestand hohe Lebensqualität garantiert. Die kleinen putzigen Wichte auf Straßen, Plätzen und in Hauswinkeln zählen zu den attraktivsten Touristenattraktionen und Fotomotiven der Stadt. Ihre Mehrzahl trägt lustige Namen wie „Programmer Capgeminiusz“, der auf den Tasten seines Laptops hackt, in Wroclaws Flanier- und Einkaufsmeile Swidnicka große Aufmerksamkeit auf sich zieht. 

Die Sisyphos-Zwerge, „Sizyfki“ begeben sich in ihr Schicksal und rollen in der Fußgängerzone wie in der antiken griechischen Legende ohne Unterlass eine große polierte Marmorkugel auf der Swidnicka in Richtung Rynek, den riesigen und schönsten alten Marktplatz Europas. Hinter der spektakulären Marketing-Idee, Zwerge im öffentlichen Raum zu platzieren stecken historische Ereignisse und Aktivitäten der 1980er Jahre, die das soziale und politische Leben entscheidend prägten. Zwerge, Wichte spielten dank ihres Schelmencharakters im gewaltfreien Widerstand gegen das autoritäre kommunistische Regime eine Schlüsselrolle. 

Zwerg „Programmer Capgeminiusz“. Foto: Jürgen Sorges
Zwerg „Programmer Capgeminiusz“. Foto: Jürgen Sorges

Die ersten beiden Zwerge wurden in der Nacht zum 30. August 1982 in Breslau an eine Wand gemalt: Waldemar Andrzej Fydrych Pseudonym „Major“ und Wieslaw Cupala, Studenten und Aktivisten der „Orange Alternative“, einer antikommunistisch orientierten Untergrundbewegung, drückten künstlerisch ihren Protest aus. Zweimal wurden die „Spaß-Guerrilleros“ während ihrer Zwerg-Graffiti-Aktionen verhaftet. 

Die Protestbewegung, die in Studentenstreiks in November und Dezember 1980 in Wroclaw ihren Ausgang nahm, erfasste ganz Polen. Auf der Polizeistation in Lodz, verfasste Fydrych „Major“ das Manifest seiner „dialektischen Bildkunst“: „Die These ist der [regimekritische] Slogan, die Antithese ist der Spott und die Synthese ist der Zwerg.“

Im Zeitraum eines Jahrs wurden Tausend Zwerg-Graffitis gemalt, ein Rekord in der Geschichte der Wandmalerei Polens. Das politisch subversive Moment lag darin, dass die Zwerge massiv und wiederholt dort auftauchten, wo die städtische Miliz gerade Parolen für Polens neue freie Gewerkschaft Solidarnosc, die in Breslau sehr aktiv und stark verankert war, großflächig übermalt hatte.

Die Sisyphos-Zwerge „Sizyfki“. Foto: Jürgen Sorges
Die Sisyphos-Zwerge „Sizyfki“. Foto: Jürgen Sorges

Nach dem Fall des kommunistischen Regimes, den Parlamentswahlen 1989 gerieten die Zwerge in Vergessenheit. Bis 2001 das Krasnala-Denkmal – ein Denkmal für die „Orange Alternative“ – aufgestellt wurde. Es zeigt die Figur eines Zwergs auf einem großen aufgerichteten Daumen, gilt als der „Papa der Zwerge“. 

2003 schließlich kaperte eine Werbeagentur die Zwerg-Idee, die erfolgreiche Stadtwerbung startete. Der Auftrag ging an den Breslauer Bildhauer Tomasz Moczek, der im August 2005 die ersten Bronzezwerge aufstellte: „Shermierz“, der Metzgerzwerg in der Metzgergasse, „Pracz Odrzaski“, der Wäscherzwerg an der Oder im gleichnamigen Ortsteil Breslaus. In ihrer Wroclawer Werkstatt schuf die polnische Künstlerin Beata Zwolańska-Hołod seit 2055 mehr als 500 Zwerge. 

Im Juni 2008 im Zuge der politischen Öffentlichkeitskampagne „Wrocław für eine Barrierefreie Stadt und handicapt Bürger“ wurden „Guchak“ und „Ilepka“, der Gehörlose und blinde Zwerg, platziert. Selbstverständlich fehlen keine Zwerginnen im öffentlichen Stadtraum: Die Bronzewichtin mit dem Schild „Votes for Women“ tritt für die Frauenrechte ein und erinnert an den Kampf ums Frauenwahlrecht. Auf Wroclaws altem Salzmarkt steht eine skandierende Zwergin, die eine Kladde mit der Aufschrift „Konstitucja RP“ hochhält und an die Verfassung erinnert. Sie repräsentiert das 2015 gegründete „Demokratie Komitee zur Verteidigung der Demokratie“.

Skandierende Zwergin, die eine Kladde mit der Aufschrift „Konstitucja RP“ hält. Foto: Jürgen Sorges
Skandierende Zwergin, die eine Kladde mit der Aufschrift „Konstitucja RP“ hält. Foto: Jürgen Sorges

Breslaus Debüt im Guide Michelin Polen 2025

Frauenpower pur: Gleich drei Küchenchefinnen sind unter den 22 nominierten Restaurants, die Wroclaw in den renommierten Gourmetführer, Guide Michelin Polen bringen. Dazu erhielten die drei Frauen auch die begehrte Bib Gourmand-Auszeichnung. Diese bewertet das hervorragende Preis-Leistungs-Verhältnis des Restaurants und garantiert damit auch mehr (und jungen) Foodies kulinarische Erlebnisse der Extraklasse.

Da ist Beata Śniechowska, Chefin des charmanten Bistro Baba, die als Siegerin des TV-Wettbewerbs landesweit bekannt ist. 2024 heimste sie beim internationalen Wettbewerb Best Chef eine Auszeichnung ein und auch ihr zweites Restaurant, das „Młoda Polska“ in Breslau ist im Guide Michelin. Verblüffend für eine Quereinsteigerin und Autodidaktin in der Kochszene, denn von Haus aus ist Śniechowska Ingenieurin mit Doktorabschluss an der Technologischen Universität Wrocław.

Im Dezember 2023 eröffnete sie das Bistro Baba in der Innenstadt in einer kleinen Nebenstraße, wo einst das Restaurant Le Bistrot Parisien war. Ihr Konzept ist den Schwerpunkt auf Gemüse zu legen, regional-lokal dem Jahreszeitenwechsel gemäß erstklassige Gemüse-, Fisch- und Fleischgerichte zu kreieren. Besonders guter Service hat im Baba Priorität, das junge Serviceteam erklärt die Gerichte hervorragend und charmant. 

Kabeljau in Buttersauce im Bistro Baba. Foto: Jürgen Sorges
Kabeljau in Buttersauce im Bistro Baba. Foto: Jürgen Sorges

Das Amuse-Bouche: zwei Blättchen von der Austernpflanze, auch Küsten-Blauglöckchen genannt, jeweils mit einem Pickle Rhabarber on top. Empfehlung der Küchenchefin laut Speisekarte:  Auster mit leichtem Rhabarber-Touch. Als Hauptspeisen: Kabeljau in Buttersauce, grünen Erbsen und dicken Bohnen garniert mit verschiedenen jungem Krautblättern. Und als Tribut an die traditionelle polnische Küche, Rinderhackbraten mit grüner Pfeffersause, Kartoffelpüree, frischste Salatblätter aus Natalias Garten mit saurer Sahne-Sauce. 

Zum Fisch passt der von Chefsommelier Izabela Iskierka vorgeschlagene Gewürztraminer vom Winzer Kamil Barczentewicz aus Dobre perfekt. Zum Fleisch mundet das naturbelassene, unfiltriertes Start-up-Bier, Noam Bavaria Berlin, ein in Bayern gebrautes Lager-Bier. 

Vor dem dank Küchenchefin Małgorzata Karkocha-Jakubowska in den Gourmethimmel aufgestiegenen Restaurant IDA kuchnia i wino steht sehr markant ein meterhoher Stuhl mit Blickrichtung auf die Oder. Schon 1970 hatte der Regisseur und Künstler Tadeusz Kantor den besonderen Sitz für Wroclaw entworfen, aber die elf Meter hohe Betonskulptur wurde erst 2011 aufgestellt.  

Das Restaurant „IDA kuchnia i wino“ ist im Hotel Jazz Wroclaw untergebracht, wo seit 2020 auch wieder die Tradition des legendären Rura Jazz Club fortgeführt wird. Glasfenster und Backsteinambiente prägen den lang gezogenen Raum. Akustisch ist das etwas problematisch, aber IDAs Küche, die hervorragenden polnisch schlesische Gerichte mit modernem Twist, frischen Variationen und Präzision machen alles wett. 

Tartar mit Schalotten, Sonnenblumenkernen und Pilzen. Foto: Jürgen Sorges
Tartar mit Schalotten, Sonnenblumenkernen und Pilzen. Foto: Jürgen Sorges

Klassische Gerichte wie kalte Rote Beete Suppe im Glas serviert trägt ihren flotten Namen „Show Roter Beete“ verdient. Das Tartar wird mit Schalotten, Sonnenblumenkernen und Pilzen serviert, dazu hausgebackenes Brot. Hering, mit Kartoffel-Apfelstückchen, saurer Sahne, Zwiebeln, Meerrettich und Dill wird durch frischste Zutaten und präzise Zubereitung zum besonderen Gaumen und Geschmackserlebnis.  

Es folgt Sauerampfer Suppe, mit Ei, Kartoffelstückchen und gerösteten aromatisierten Brotkrümeln. Die Hauptgerichte: gebratene Meeresforelle mit Frühkartoffeln, Erbsen, rotem Zwiebel-Confit, Sauce Hollandaise und cremigem Topinambur-Püree und kross gebratene Entenbrust mit Demi-Glace-Sauce, Rotkraut und schlesischen Knödeln. Zum Abschluss wird das Haselnuss Soufflé mit Vanilleeis auf schönem Bunzlauer Geschirr kredenzt. Sehr gute Weine aus Polen, z.B. Riesling vom Weingut Winnica Silesia“ runden das sehr interessante, perfekte von Tomasz servierte und erklärte Degustationsmenü ab. 


Informationen:

Touristische Organisation Niederschlesien: www.dolnyslask.travel

Polnisches Fremdenverkehrsamt: www.polen.travel/de

Korona Hotel: www.koronahotel.com.pl/de

Hotel Monopol: www.monopolwroclaw.hotel.com.pl/hotel-monopol-wroclaw

Restaurant: Ida Kuchnia i Wino: www.idakuchniaiwino.pl

Restaurant-Bistro Baba: www.baba.wroclaw.pl

Fotos: Jürgen Sorges

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