Foodie

Bacchanten-Glück mit Superweinen

Wie schon 2017 bei unserem ersten Besuch nimmt sich der heute neunundachtzigjährige Marchese Alessandro François persönlich die Zeit, uns das herrliche Anwesen mit der stolzen Burg aus dem 16. Jahrhundert zu präsentieren. Der Besuch der perfekt restaurierten Gemäuer der alten Kellerei unter dem Kastell, das mit seiner charakteristischen L-Form, den dicken Mauern und dem mit Zinnen bewehrten Turm alle Zutaten zu einer Märchenburg besitzt, ist der Höhepunkt: Hier lagern unter feinen Staubschichten sogar noch Tropfen des Jahrgangs 1904. 

Denn schon der Gutskäufer in der Familie, Carlo François, er hatte das Anwesen, das einmal sogar dem berühmten Florentiner Pitti-Clan gehört hatte, für damals stolze 180.000 Lire erworben, legte die ersten Weinberge an und reüssierte wenig später auf Weinpräsentationen in Paris und Buenos Aires mit seinen edlen Weinen.

Mit zu den Highlights gehören auch der Besuch der Hauskapelle, in der tatsächlich noch eine in lateinischer Schrift verfasste Bibel ausliegt, sowie die Bewunderung der überdimensionalen Ernennungsurkunde zum Titel des Markgrafen, die Vorfahr Antonio François am 15. Juli 1749 von Kaiser Franz I. erhielt. Doch die Familiengeschichte datiert noch weiter, bis mindestens ins Jahr 1354 zurück, als ein erster Nicod François aktenkundig wurde und zum Grafen von Allymes ernannt wurde. Wenn man so will, ist dies mit Blick auf 2024 ein erstes Familienjubiläum, dem sich dann das Jahr 1844 anschließt. 

Da entdeckte der historische Namensvetter Alessandro François, Ingenieur, Maler und Archäologe, die bis heute berühmteste Keramikvase weltweit. Nahe Chiusi in der Süd-Toskana förderte er in einem Etruskergrab die dann nach ihm benannte François-Vase zutage, ein Wunderwerk der attischen Antike und 66 Zentimeter hoher Volutenkrater, der einst zur Mischung von Wein und Wasser diente. 

Marchese Alessandro François. Foto: Ellen Spielmann
Marchese Alessandro François. Foto: Ellen Spielmann

Ein drittes Jubiläum betrifft das Jahr 1924. Da gründete sich das berühmte Konsortiums des Chianti-Classico-Weins. Und die einzigen beiden Damen unter den 33 Gründern waren – Alessandros Großmutter Signora Elvira Colombini und die Urgroßmutter, Signora Marianna Codacci. Schließlich ist – neben der herrlichen Innenausstattung des Kastells, das Vin-Santo-Lager des Kastells eine Augenweide, das nur durch eine Glasscheibe vom Degustationsraum des Castello di Querceto getrennt ist. 

Hier treffen wir auch auf Sohn Simone, der nun das Gut in fünfter Generation führt. Erst einmal wenden wir uns dem Chianti Classico Castello di Querceto DOCG 2022 zu, ein aufgrund wenig Regens und Temperaturen unter 0°C komplizierter, aber guter Jahrgang, der aber dank der Wasserreserven des Kastells in bis zu 570 Meter Höhe und ausgiebigen Regens im August ein guter, zwölf Monate ausgebauter Jahrgang mit einer schönen Farbe wurde. 

24 Monate reifte hingegen dann der Chianti Classico Riserva Castello di Querceto 2020, der mit herrlichen Tanninen ausgestattet ist, die noch ein wenig „erwachsen“ werden könne. Dennoch schon jetzt ein sehr, sehr guter Wein. Mit dem Chianti Classico Gran Selezione Greve DOCG La Corte 2020 steht dann schon der Signature Wine des Kastells auf dem Programm – und wird umgehend zu unserem Favoriten. Angebaut wird auf den 3,4 Hektar großen Parzellen von La Corte in 440 bis 470 Meter Höhe schon seit 1899. Von diesem reinen Sangiovese wurden 10.000 Flaschen abgefüllt – ein Gedicht, so dass dies schon seit 1904 erzeugte Flaggschiff des Castello di Querceto, mithin wohl auch einer der ältesten „Supertoskaner“ überhaupt, von der internationalen Weinkritik mit bis zu 96 Punkten ausgezeichnet wurde. 

Simone François. Foto: Ellen Spielmann
Simone François. Foto: Ellen Spielmann

Zweite Gran Selezione des Hauses ist der nicht minder berühmte Il Picchio Chianti Classico DOCG 2020 vom 1983 erstbepflanzten Weinberg Il Picchio, von dem jährlich 15 bis 20.000 Flaschen abgefüllt wurden. Doctor Wine und James Suckling vergaben für ihn je 94 Punkten – zurecht! 

Dann geht es über zu den Supertoskanern. Da ist erst einmal der Castello di Querceto Il Querciolaia IGT Colli della Toscana Centrale 2019 vom direkt unterhalb des Kastells in 390 – 430 Meter Höhe liegenden Weinberg Il Querciolaia. Erstmals wurde dieser Supertoskaner mit einem Potential von 20 bis 25 Jahren 1985 abgefüllt, heute kommen jährlich 8000 bis 10.000 Flaschen in den Handel. Falstaff und James Suckling vergaben jeweils 93 Punkte, er hätte durchaus auch mehr verdient. 

Dies gelang dann dem noch etwas besseren Castello di Querceto Cignale IGT Colli della Toscana Centrale 2019, der vom Wine Advocate verdiente 95 Punkte erhielt. Auch für uns eine Besonderheit, ist dieser im toskanischen Dialekt für Wildschwein (ital. Cinghiale) benannte Wein (14 % Alkoholgehalt) exzellent. Benannt wurde er nach der Wildsau, weil der Weinberg 1985 von den Wildschweinen vollständig geplündert wurde, so dass die erste Ernte erst 1986 stattfinden konnte. 

Der Cignale reifte mindestens 36 Monate in Holz und sechs Monate auf der Flasche, ehe die Marktreife erreicht wurde. Damit nicht genug, mit dem „Il Sole di Alessandro“ IGT Colli della Toscana Centrale ist ein weiterer Supertoskaner im Angebot, dem Luca Maroni 94 Punkte gab. 

Verschiedene Weine des Weinguts. Foto: Ellen Spielmann
Verschiedene Weine des Weinguts. Foto: Ellen Spielmann

Und schließlich ist da noch der Nonplusultra- Supertoskaner, der seit 2009 produzierte QueRceto Romantic IGT Colli della Toscana Centrale 2018, der von zwei Parzellen mit Syrah (20 %), Merlot (30 %) und sagenhaften 50 % Petit Verdot ausgestattet und nur in den allerbesten Jahren ediert wird (4000 – 5000 Flaschen). Er erhielt vom James Suckling 95 Punkte und hat allerdings auch seinen Preis (dreistellige Euro-Summe pro 0,75-l-Flasche).

Hinzu kommen im Castello di Querceto der schon erwähnte, mindestens drei Jahre lagernde Vin Santo del Chianti Classico DOC aus Trebbiano, Malvasia und San Colombano-Trauben, er wird schon seit einem Jahrhundert hergestellt, sowie erstklassiges Olivenöl und Destillate wie der Chianti-Classico- Aquavit L`Arzente del Castello. Sehr schön dann, wenn man all diese Tropfen bei einer Degustation im Haupthaus (mit Café) sowie dann in den Appartements, ob nun am Kastell oder in der nahen einstigen Casa Colonicha Le Giuncaie, genießen darf.


Informationen:

Castello di Querceto: www.castellodiquerceto.it

Fotos: Ellen Spielmann

Teilen: