Foodie

Interview mit Zweisternekoch Felix Schneider (Restaurant „Etz“)

KULINARIKER: Ein Restaurantbesuch startet bei Dir mit allen Gästen gemeinsam in der Aromabibliothek und der Versuchsküche. Was ist darunter zu verstehen?

Felix Schneider: Das ist ein Teil des Lagers, wo wir eingelegte, fermentierte und getrocknete Zutaten aufbewahren. Wir sammeln, veredeln, verarbeiten und lagen in der Aromabliothek, einem Ort, wo wir für den Zeitraum eines Jahres Aromen konservieren. Da wir uns regional beschränken und alles selber herstellen, geschieht dies natürlich in einem größeren Maßstab und in einer anderen Dimension als bei anderen Küchen, bei denen während des ganzen Jahres bestellt werden kann. 

Du pflanzt viele Produkte in Deinem Garten im Knoblauchsland an. Woher beziehst Du weitere Zutaten? 

Das ist sehr vielfältig. Wir sammeln selbst Wildprodukte oder wir haben Sammler sowie ein großes Netzwerk an Erzeugern mit denen wir seit vielen Jahren vertrauensvoll zusammenarbeiten, wie die Familie Reinhard mit ihrem Spargelhof. In dieser Region wachsen unter anderem sogar Pfirsiche, Aprikosen, Feigen, Artischocken und Auberginen. Und dann gibt es hier das riesige Knoblauchsland mit einer enormen Produktauswahl. 

Restaurant „Etz“: Regionalität mit hoher handwerklicher Qualität. Foto: Carola Faber
Restaurant „Etz“: Regionalität mit hoher handwerklicher Qualität. Foto: Carola Faber

Welche Idee verfolgst Du mit dem Etz?

Wir verfolgen eine Küche, in der wir Regionalität mit hoher handwerklicher Qualität verknüpfen. Wir überlegen, welchen Wert wir verschiedenen Dingen geben wollen, welche Qualitäten realisierbar sind und wie wir mit Erzeugern diese Qualität erreichen können. Das gilt für das Gemüse, das Obst und auch für das Fleisch. Wir müssen uns damit beschäftigen, was zum Beispiel die besten Kartoffeln oder die besten Tomaten sind. Das finde ich sehr spannend. 

Wie bist Du zu Deinem ungewöhnlichen Konzept gekommen? 

Es waren mehrere Punkte. Ich bin klassisch, französisch ausgebildet. Die Molekularküche war damals en Vogue. Mit wurde irgendwann bewusst, dass es enorm viele „wilde“ Produkte gibt. Außerdem gibt es in der kulinarischen Region eine reiche Vielfalt. Und ich habe im Garten selbst Tomaten angebaut und erfahren, was das für ein Unterschied ist. Schließlich was der Film „We feed the world“ von Michael Moore und Morgan Spurlock ein weiterer Auslöser. Auf die Zusammenhänge, die im Film aufgezeigt wurden, hatte ich gar keine Lust mehr und wollte diese mit meiner Arbeit nicht weiter unterstützen. Seitdem verarbeite ich nur regionale Tiere und im Ganzen. Man könnte es auch eine ganzheitliche und regionale Hochküche nennen, die die Aspekte Umweltschutz wie soziale Gerechtigkeit berücksichtigt. 

Gemeinschaftsarbeit in der Küche des „Etz“. Foto: Carola Faber
Gemeinschaftsarbeit in der Küche des „Etz“. Foto: Carola Faber

Wie bist Du zum Kochen gekommen?

Tatsächlich war die Grundmotivation, dass ich schon immer unfassbar gerne gegessen habe. Es hat mich begeistert, dass so etwas – wie damals zum Beispiel Butterplätzchen – reproduzierbar ist.  

Was hat Dich bisher am meisten beeinflusst? 

Die Region und die Auseinandersetzung mit den Menschen, die hier Landwirtschaft betreiben. 

Wie viele Tische stehen im Restaurant? Wie viele Mitarbeiter gibt es? 

Wir haben maximal 15 Tische, das heißt Platz für 30 Personen. Es sind fast 20 Mitarbeiter. 

Im Restaurant Etz gibt es sieben Jahreszeiten. Was genau bedeutet das? 

Die sieben verschiedenen Menüs im Jahr richten sich nach den sieben Jahreszeiten, beziehungsweise den sieben Phasen des Werdens und Vergehens über den Zeitraum eines Jahres. Sie heißen Frisches Grün, Junge Frucht, Reiche Vielfalt, Alle Farben, Rückzug, Ruhe und Reifung sowie Blüte und Sprossen. 

Farbenfrohe „Sieben Jahreszeiten“-Kulinarik im „Etz“. Foto: Carola Faber
Farbenfrohe „Sieben Jahreszeiten“-Kulinarik im „Etz“. Foto: Carola Faber

Das Menü besteht aus mehr als zehn Gängen. Was bildet den roten Faden?

Der Moment und die Region. Mit diesem Spielraum variieren wir. 

Die Brotzeit ist im Etz ein Signature Dish. Wie sieht Eure Interpretation des fränkischen Traditionsessens aus? 

Handwerk und Zeit sind die theoretischen Punkte. Wir stellen alles selbst her und jede Komponente bekommt eine maximale Zeit für die Reifung. Natürlich ist auch dieser Gang saisonal beeinflusst. Es gibt allerdings immer das reine Sauerteigbrot aus historischen Mehlsorten. Dazu wird doppelt fermentierte Butter, fermentiertes und eingelegtes Gemüse, Wurst und Schinken aus der ganzheitlichen Tierverwertung, komplett selbst hergestellter Käse und Bier, beziehungsweise Most gereicht.

Beeindruckend ist auch eine außergewöhnliche Weinbegleitung. Sie wirkt wie ein spannungsreicher Dialog zwischen Speise sowie Getränk und bildet trotzdem eine ausgewogene Harmonie. Wer steckt hinter den fantasievoll und stimmig zusammen gestellten Weinen? 

Das ist Restaurantleiter und Sommelier Daniel Raptis. 

Wildsau Tonnato. Foto: Carola Faber
Wildsau Tonnato. Foto: Carola Faber

Welche Länder oder Restaurants interessieren Dich noch in Bezug auf die Kulinarik?

Wegen der spektakulären Produktverarbeitung interessiert mich extrem die Küche in China, zum Beispiel in Hongkong und Shanghai. Ich würde gerne einmal das Restaurant Ernst in Berlin besuchen. Und das Essigbrätlein hier in Nürnberg ist übrigens für mich eines der kreativsten europäischen Restaurants.  

Informationen:

www.etzrestaurant.de

Fotos: Carola Faber

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