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„Zeitgeist Irland 24“: Start des Kunst- und Kulturprogramms

Der Film „Small things like These“ nach dem gleichnamigen Roman der irischen Starautorin Claire Keegan und dem Drehbuch von Enda Walsh spielt im Jahr 1985 und beschäftigt sich mit einem der größten Skandale in der neueren irischen Geschichte, dem Schicksal der sogenannten „gefallenen jungen Frauen“ und den Enthüllungen über und in den irischen, katholisch geführten Magdalenen-Wäschereien und -Heimen, die in Irland von den 1820er Jahren bis 1996 existierten. In den Hauptrollen: Cillian Murphy (1976 in Douglas, County Cork geboren), sowie Emily Watson!

Grund genug für die Veranstalter des ganzjährig stattfindenden nagelneu aus der Taufe gehobenen „Zeitgeist Irland 24“-Programms, auf der Eröffnungsveranstaltung, einer Gala im renommierten Metropol-Theater Berlin auf dieses weltweite Aufmerksamkeit erlangende Filmereignis hinzuweisen. 

Dabei wäre dieser Hinweis auf die Prominenz der irischen Kunst Kultur gar nicht nötig gewesen. Denn auch dies vom Außenministeriums Irlands und Culture Ireland zusammengestellte, millionenschwere Programm ist nicht um Superlative verlegen: Schon jetzt sind 110 Projekte mit über 400 Künstlern in über 100 deutschen Städten fest vereinbart, die in den kommenden Monaten Irlands talentierteste Künstlerinnen und Künstler, Performerinnen und Performer, die neue, junge Generation irischen Kunst- und Kulturschaffens, vorstellen und näherbringen werden. Diese neue Wege gehende Initiative findet im Rahmen der übergeordneten weltweiten Strategie „Global Ireland 2025“ statt, die Irlands globale kulturelle Präsenz massiv erhöhen soll. 

Tura and Aoife Ní Bhriain. Foto: Sebastian Pfütze
Tura and Aoife Ní Bhriain. Foto: Sebastian Pfütze

Dabei nimmt Deutschland als Flaggschiff der Strategie eine zentrale Rolle ein. Unterstützt wird dies außerordentlich reichhaltige Kunst- und Kulturprogramm natürlich auch von der Irischen Botschaft in Berlin, dem irischen Generalkonsulat in Frankfurt/Main und Tourism Ireland, auch von Tourism Ireland, das zudem die offizielle, mit sämtlichen Veranstaltungen aufwartende Webseite betreut. Traditionell ist Irlands Kunst und Kultur stark und seit langem in Deutschland vertreten – dafür standen schon so illustre Namen wie Heinrich Böll oder Samuel Beckett, ganz zu schweigen von den phänomenalen Siegeszügen der Dubliners in den zurückliegenden Jahrzehnten. 

Dafür sorgen heute aber auch jene zahlreichen irischen Künstlerinnen und Künstler, die hier zwischen Rhein und Oder leben. Sie und ihre Kollegen aus Eire übernehmen denn auch den Hauptanteil dieses einzigartigen Programms, das z. B. mit einem irischen Fokus auf dem Internationalen Trickfilmfestival Stuttgart (ITFS) ebenso vertreten sein wird wie mit Bildender Kunst von Niamh O`Malley, Mairead O`hEocha, Alice Maher oder Bassam Al Sabah in der Galerie Britta Retteberg in München. 

Als Veranstalter mit dabei sind aber auch z. B. das Staatstheater Mainz, das Transmediale Festival im Berliner Szeneclub Berghain, CTM Festival für elektronische und experimentelle Musik in Berlin das Theater Hebbel am Ufer Berlin oder das Literarische Colloquium Berlin, wo die für den Booker Prize nominierte irische Autorin Audrey Magee auftreten wird. In gleich mehreren deutschen Städten wird Emma Martin im Tanzstück „Birdboy“ zu sehen sein. 

Sheena McGrandles. Foto: Sebastian Pfütze
Sheena McGrandles. Foto: Sebastian Pfütze

Die Visual Arts-Künstlerin Sarah Pierce ist in Leipzig zu bestaunen. Das English Theatre Berlin präsentiert ein Festival des irischen Theaters, am Mainzer Staatstheater läuft u.a. die Eva O`Connor`s Produktion „Mustard“ der von Fishamble: The New Play Company. Irische Fotografie des 21. Jh.s zeigt das Haus am Kleistpark in Berlin, Tanz ist im Theater im Depot in Dortmund angesagt. Architektur und Design stehen in Köln auf dem Programm. Und Opernfans pilgern zum brandenburgischen Schloss Rheinsberg, um Purcells „Dido und Aeneas“ und John Blow2s „Venus und Adonis“, Koproduktionen des Opera Collective Ireland mit der Akademie für Alte Musik Berlin zu erleben.

Einen fulminanten Vorgeschmack gab die Gala am 18.1.24 im Metropol-Theater Berlin: Moderiert von Kate Ferguson, Reporterin bei der Deutschen Welle, auf Wirtschaft spezialisiert und leidenschaftliche Kennerin irischer Literatur, Musik und Kunst, an diesem Abend Ye Vagabonds, Kate Ellis, Jennifer Walshe, Sheena McGrandles, Tara Erraught und weitere Künstler auf, die Irlands kulturellen Reichtum, die Kreativität der Insel und die Vielfalt zeitgenössischer irischer Kunst repräsentierten. 

Den Anfang machte die in Dublin geborene superbe Musikerin (Geigerin) Aoife Ní Bhriain, die Mitglied im Avantgarde-Streichquintett Wooden Elephant ist, 2021 mit der walisischen Harfenistin Catrin Finch Erfolge feierte und auch schon mit Oscar-Preisträger Tim Robbins auftrat. Clou ihrer Präsentation war dann der Auftritt des aus Zimbabwe stammenden Tura, der vor drei Jahrzehnten nach Nordirland auswanderte und heute einer der profiliertesten Sean-nós-Tänzer der Insel ist.

Ye Vagabonds. Foto: Sebastian Pfütze
Ye Vagabonds. Foto: Sebastian Pfütze

Man merke: Beim Sean-nós- Tanz handelt es sich um die traditionelle Form des irischen Solo-Stepptanzes, der nicht minder quirlig ist als der bekanntere moderne Irish stepdance – und Begeisterung auslöste. Für Avantgarde-Musik schlechthin steht die ebenfalls in Dublin geborene Jennifer Walshe, Professorin für Komposition an der Uni Oxford. Zuletzt verfasste sie eine Oper mit dem Philosophen Timothy Morton. Sie und ihr Ensemble um Nick Roth, Elizabeth Hilliard und Panos Ghikas wird auch auf dem diesjährigen Festival für Neue Musik in Berlin zu bestaunen sein.

Es folgten zwei Entdeckungen des Abends, der lange an der Bayrischen Staatsoper München tätige irische Tenor Dean Power und die in Berlin lebende nordirische Tänzeri8n und Choreographin Sheena McGrandles. Ihre Tanzperformance mit Annegret Schalke und Cathy Walsh mit Musik von Stellan Veloce und Kostümen von Michiel Keuper war ein Feuerwerk an Ideen. Rhythmisch pointierte neue irische Literatur präsentierte der irisch-sudanesische Dichter und Musiker Adam Mohamed, ehe mit der zigfach ausgezeichneten Folk-Band „Ye Vagabonds“ aus dem County Carlow der Höhepunkt des Abends erreicht wurde. Samt der Geige von Aoife Ní Bhriain und einer weiteren Tanzeinlage des umwerfenden Tura bildeten ihre Songs den gelungenen Abschluss dieser Gala, die beste Werbung für die nun anstehenden Sessions und Performances von „Zeitgeist Irland 24“ war – und ist.


Informationen:

Zeitgeist Irland 24: www.zeitgeistirland24.com

Tourism Ireland: www.ireland.com/de-de

Foto: Sebastian Pfütze

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