Entlang der feinsandigen Südwestküste Gotlands werden Mandel- und Feigenbäume, Wein und Spargel angebaut. Nicht selten kommt dabei auch eine Spezialität der Insel Gotland auf den Tisch: Saffranspannkaka oder auch Gotlandspannkaka genannt. Diese traditionellen Safranpfannkuchen gleichen einem cremigen Safran-Milchreisauflauf und werden gerne mit einer Marmelade aus Salmbeeren – eine Verwandte der Brombeere, die nur auf Gotland gedeiht- und Schlagsahne serviert. Eine perfekte Version dieses Desserts ist bei Broman och Son erhältlich. „Schon in den späten 70er Jahren gab es die Vision lokaler Produkte mit einer sehr guten Qualität der Rohwaren. Jan Grimlund, der in Eskelhem Bioprodukte anbaute, wurde ein wichtiger Lieferant“, erinnert sich Inhaberin Anna-Karin Broman, die mit ihrer Familie das romantisch gelegene Restaurant in Gotlands Tofta am Meer betreibt. Wie der Safran-Milchreisauflauf werden dort seit Jahrzehnten traditionelle Gerichte mit innovativen Akzenten zubereitet.
Wildblumen auf den Tischen
In einem gotländischen Bauernhof, etwa 25 Minuten südlich von Visby befindet sich das Hotel & Restaurant Stelor. Zum Hof gehört ein historisches Steinhaus aus den 1820er Jahren, eine renovierte Scheune und ein großer Gemüsegarten, in dem täglich Gemüse geerntet wird. „Frische Produkte von den Nachbarn, Werke von lokalen Künstlern, Wildblumen für die Tische – auf Gotland gibt es so viel zu entdecken, dass wir nie zu weit gehen oder fahren müssen, um Dinge zu finden, die wir brauchen und lieben”, schwärmen die empathischen Inhaber My Wrethagen and Linus Ström: „Wir sind eine große Familie mit all den großartigen lokalen Produzenten, die uns helfen, etwas Leckeres, Gemütliches und Besonderes zu schaffen.”
So baut Nachbarin Janne köstliches biologisch-dynamisches Gemüse an, weiteres hervorragendes Gemüse und Beeren der Saison kommen von Andrea und Viktor aus Rone Smissarve, Rehwild von dem örtlichen Jäger Erik sowie köstliche Milch, Joghurt, Sahne und Käse von der befreundeten Milchbäuerin Lotta. Bester Beweis der gelebten Philosophie des Hauses ist ein delikates Menü von Chefkoch Linus Ström. Nach einem Auftakt aus frischem Gemüse mit selbst hergestellter Aioli sowie Pancetta folgt Kartoffelschaum mit Ei und Pilzen. Anschließend werden Ziegenkäse und als Dessert Brioche mit Eis gereicht. Die Regionalität inkludiert auch die harmonierenden Getränke. Neben Natursekt und dem inseleigenen Wein begeistern die Säfte und Biere.
Brauer, Brenner, Winzer
Die Schweizer Brauerin Nina Schultes und ihr Mann Kalle Andersson teilen die Leidenschaft für Bier. In einer ehemaligen, entlegenen kleinen Farm im Süden der Insel stellen sie in ihrer Snausarve Gårdsbryggeri wahre Delikatessen in kleinen Auflagen her. Das regelmäßige Sortiment der experimentierfreudigen Brauer umfasst etwa 10 bis 15 Biere. Insgesamt dürften es schon rund 100 verschiedene Sorten gewesen sein. Darunter das Trüffelbier nach Champagnermethode. „Für 500 Flaschen à 0,75 Liter benötigen wir ein Kilo gotländischer schwarzer Trüffel”, bestätigt Nina Schultes, die unter anderem als Jurorin in der schwedischen Bierszene gefragt ist. Ebenfalls als hervorragender Braumeister ist Jens Enderberg bekannt. Seine kleine Brauerei „Lost Island Gotland“ gründete er 2016. Vom Brauen bis zum Abfüllen des Biers und dem Aufkleben der Etiketten ist bei ihm alles Handarbeit.
„Anfänglich war es ein Hobby, aber dann wurden die Mengen größer. Ich konnte das Bier nicht mehr allein trinken“, erinnert sich der Brauer schmunzelnd an die Anfänge. Inzwischen blickt der experimentierfreudige Gotländer auf über zehn Jahre Erfahrung im Bierbrauen zurück. Seine große Leidenschaft gilt den Aromen. So ist es nicht ungewöhnlich, dass er Früchte und Beeren zum Aromatisieren verwendet.Längst sind aus 20 Quadratmetern Produktionsfläche rund 200 Quadratmeter in einer ehemaligen Zuckerfabrik in Romageworden. „Den Namen Lost Island habe ich gewählt, weil es sich hier im Februar so anfühlt, wenn der Wind von allen Seiten bläst“, berichtet Jens Enderberg.
Im selben Gebäude wird der preisgekrönte Gotland Whisky gebrannt. Gegründet wurde die erfolgreiche Destillerie bereits 2004. Die Voraussetzungen für den Erfolg waren günstig: Ideale Räumlichkeiten in der Zuckerfabrik zusammen mit der einzigartige Bio-Gersteund das besonderes Wasser direkt von einer eigenen Quelle aus dem Kalkberg sind ein entscheidender Faktor für die hohe Qualität. 2012 gab es die Premiere der ersten Tropfen. Der Isle of Lime reifte mehrere Jahre in verschiedenen Fässern aus amerikanischer Bourbon-Eiche. „Das Destillat in Isle of Lime ist absolut einzigartig und von außergewöhnlicher Qualität. Kunden und Kritiker waren so zufrieden, dass er bei der Malt Whisky World Championship 2018 den vierten Platz belegte“, freut sich Fachmann Marek Jönsson.
Duft der Heide
„Es ist gar nicht mehr nötig für Tastingreisen in den Süden zu fahren. Sogar auf Gotland haben wir mit etwa sechs Brennereien, zwölf Brauereien und zwei Weinproduzenten eine richtig gute Auswahl“, regt Truls Nanneson von der Boge Bränneri an. Der ehemalige Tischler konzentriert zunehmend auf die Produktion von Obstbränden. In seiner kleinen Hofbrennerei destilliert und aromatisiert er Spirituosen aus Obst, Beeren und Getreide. Die Obst- und Beerenbrände werden in Abhängigkeit von der Jahreszeit und den verfügbaren Rohstoffen hergestellt. Gearbeitet wird mit kleinen handgetriebenen Kupferkesseln und jede Flasche wird manuell abgefüllt. Besondere Produkte tragen Namen, wie Britta, Akka oder die Jahreszahl 1829 – ein Malzlikör, der auf einem Rezept aus diesem Jahr basiert. Im Gegensatz zu modernen Malzspirituosen enthält 1829 auch einen Hauch von Zitronenmelisse. Diese wird nach der Mazeration der Gewürze destilliert.
Nach der letzten Destillation wird eine angemessene Menge Zucker nach dem Originalrezept hinzugefügt. Das Ergebnis ist ein unverwechselbarer Branntwein mit einem kräftigen Geschmack und einer sanft abgerundeten Bitterkeit. Akka ist ein klassischer Gewürzbrand, in dem Aromen von Kräutern und Blumen zu vernehmen sind. Truls Nanneson schwärmt: „Für diesen Brand haben wir mit Kräutern und Aromen gearbeitet, die wir von den Fenstern der Destillerie aus sehen konnten. Blauglöckchen, Ringelblumen und Rosenblüten zusammen mit Rosmarin, Lavendel und Minze ergeben den Duft der sonnenverwöhnten Heide auf der Insel Fårö an einem Hochsommertag.“
Übernachtungstipps
Aus dem Jahr 1899 stammt das inhabergeführte Hotel Warfsholm Pensionat in Klintehamn. Es liegt direkt am Meer und verfügt neben gemütlichen Zimmern über mehrere Ferienhäuser.
Fotos: Carola Faber