„Nichts geht über ein Stück Speck“, verrät Pavla Stoklasova ihre Lieblingsspeise. Die gelernte Konditorin und Bäckerin arbeitet seit 15 Jahren in ihrem Metier. Übernommen hat sie es von ihrem Großvater, einem ehemaligen Konditor. Erst nach der Lehre machte sie das Abitur, um den großen Betrieb im Valachy Resort führen zu können.
Täglich werden in ihrer Backstube in Velké Karlovice, eine der gefragtesten Konditoreien, die die Herstellung des traditionellen Frgáls beherrschen, bis zu 800 dieser runden Köstlichkeiten für Cafés und Hotelrestaurants hergestellt – ganz in mühsamer Handarbeit. Schon Pavla Stoklasova Großmutter bereitete Frgály nach alten Rezepten zu, denn jede Familie hatte ein eigenes. Schriftlich erwähnt wurde diese heutige Delikatesse erstmals im Jahr 1826. Damals wurden daraus auch herzhafte Varianten mit Sauerkraut, roten Rüben oder Karotten hergestellt.
Ärmlichere Gegend
„Die Walachei war früher eine ärmlichere Gegend, in der die Menschen fast ausschließlich von Landwirtschaft und Viehzucht gelebt haben und daher standen Lebensmittel wie Fleisch und Mehlspeisen nicht immer auf dem Speiseplan. Da für den Frgál hochwertige und somit etwas teurere Zutaten notwendig sind, wurde der Frgál als Festkuchen meistens sonntags oder nur zu besonderen Anlässen gebacken“, heißt es über die Geschichte. Der Name des traditionellen Kuchens aus der mährischen Walachei ist von der EU sogar in die Liste geschützter geografischer Bezeichnungen aufgenommen worden. Es dürfen nur Produkte „Valašský frgál“ heißen, die von Bäckern aus der mährischen Walachei und nach bestimmten Rezepten hergestellt wurden.
Dieser flache runde Festkuchen hat einen Durchmesser von 30 Zentimetern und besteht hauptsächlich aus einem Hefeteig, auf dem sich eine Füllung aus Quark, Mohn, Mus aus getrockneten Birnen, Pflaumen oder Walnüssen mit Streuseln befindet. Das Geheimnis der schönen Saftigkeit liegt im Topping. „Nachdem der Frgál abgekühlt ist, wird eine Mischung aus Butter mit Zucker, Vanillezucker und Rum darüber gegossen. So bleibt der Kuchen frisch“, ergänzt die Fachfrau, die nebenbei auch Jägerin und Imkerin ist.
„Obwohl ich wirklich sehr gerne Fleisch esse, liebe ich meine duftende Arbeit in der Konditorei“, lächelt Pavla Stoklasova, während sie ganz stolz eines ihrer runden Prachtexemplare präsentiert.
Blaudrucker und Bäcker
Die Bäcker der mährischen Walachei gründeten einen Verein für walachische Volkstraditionen, um so unter anderem für die geschützte Bezeichnung des Frgáls zu sorgen. Mit viel Leidenschaft wird in Ost – und Westmähren noch viel Wert auf Traditionen und das besondere Kulturgut gesetzt.
Von außen wirkt die große Halle der Firma Arimo eher unspektakulär. Wer den kleinen Laden im vorderen Bereich betritt, wird von einer Fülle an Stoffen sowie Kleidung in Blau und Weiß geradezu umgarnt. Meterware, Kleider, Schürzen, Beutel, Tücher und Taschen gehören zu dem umfangreichen Sortiment. Auf mehr als 100 Jahre geht die Geschichte der Blaudruck-Werkstatt in der Kleinstadt Strážnice in der Region Slovácko zurück. Sie wurde von der Familie Joch im Jahre 1906 gegründet und wird heute von Gabriela Bartošková, der Enkelin des Gründers Sava Joch weitergeführt.
Eindrücke alter Handwerkstechniken
Die Stoffe aus Strážnice von einer der letzten Blaudruckereien sind für den alltäglichen Gebrauch wie bei internationalen Designern gleichermaßen beliebt. Mit etwas Glück sind sie auch in Form von Trachten im walachischem Freilichtmuseum in Rožnov pod Radhoštěm zu sehen. Mit mehr als 100 historischen Gebäuden ist es das größte und älteste Freilichtmuseum Mitteleuropas. Das Museum ist in mehrere thematische Bereiche unterteilt. Im Zentrum befindet sich das hölzerne Städtchen mit Gebäuden aus dem 19. und vom Beginn des 20. Jahrhunderts.
Es werden Eindrücke alter Handwerkstechniken, der Ämter und dem damaligen Luftkurort vermittelt. Auf dem Friedhof an der Holzkirche befindet sich das Grab von Emil Zátopek, dem berühmten tschechischen Athleten und vierfachen Olympiasieger. Etwas oberhalb des Städtchens lohnt der Besuch des Mühlentals und des walachischen Dorfes mit Schule, Wohnhäusern, Kapelle und Höfen. Wer mit dem Begriff „Walachei“ bisher einen sehr abgeschiedenen und verlassenen Ort verbunden hat, wird mit Sicherheit eines Besseren belehrt und möchte spätestens nach dem Besuch des pittoresken, Lebensfreude versprühenden Ortes, dort gerne viel mehr Zeit verbringen.
Wo in Trachten gelebt wird
Eine weitere Bereicherung einer vergessen geglaubter Zeit bedeutet der Besuch in Rochus, einem der jüngsten und kleinsten Freilichtmuseen Tschechiens. Dort wird beispielhaft der traditionelle Baustil, das Leben, Brauchtum und Folklore auf anschauliche Art vermittelt. Am Wochenende und an Feiertagen tragen die Mitarbeiter ihre farbenfrohen Trachten. Es wird geerntet, gebacken, gekocht und getanzt.
Aus einem Bürgerhaus erklingt fröhliches Lachen und kurz darauf zweistimmiger Gesang. Ob beim Aprikosen– oder Weinfest, im Weinkeller oder beim aufwändigen Anziehen der Tracht mit den bunten Stickereien und den weiten, gestärkten Ärmeln – Musik hat in Mähren eine besonders große Bedeutung, vermittelt Lebensfreude. Die farbenfrohe Kleidung nimmt den Besucher in Rochus mit auf eine Zeitreise, wie zum Beispiel in der Welt der Gemälde des bedeutenden tschechischen Malers Joža Uprka.
Er wurde 1861 geboren. Er studierte in Prag und München. Seine Inspirationen fand er aber in seiner Heimat. Die ausdrucksstarken Werke, die größtenteils in der Galerie in Uherské Hradiště ausgestellt sind, zeigen Szenen des täglichen Lebens der Menschen, deren Arbeit, Traditionen und auch festliche Augenblicke. In den Gemälden sind besonders deutlich die Details der farbenfrohen Trachten, der Ablauf von Bräuchen und die unterschiedlichen Landschaften dargestellt. Die Bilder vermitteln durch die Maltechnik Lebendigkeit. Das Lachen, der Gesang und die Instrumente scheinen fast hörbar zu sein.
Wandeln auf den Spuren des Adels
Einen Ausflug in die Welt des Adels wird durch die Besichtigung von Schloss Valtice ermöglicht. Vermutlich ist es durch die Erweiterung einer im 11. Jahrhundert gegründeten Burg entstanden. Vom Ende des 14. Jahrhunderts bis zur Konfiszierung nach dem Krieg war die prachtvolle barocke Schönheit der Sitz des regierenden Fürsten der Adelsfamilie Liechtenstein. Ausmaß und Prunk der barocken Verzierungen sind der beste Beweis, dass die Residenz einem der mächtigsten Adligen der Donaumonarchie gehörte. Sein heutiges luxuriöses Aussehen erhielt der Bau nach den aufwendigen Umbauten im 17. und 18. Jahrhundert.
Seit der Enteignung im Jahre 1945 befindet sich das Schloss im Besitz des tschechischen Staates und wird vom Nationalen Denkmalinstitut verwaltet. Seit 1996 steht das Schloss als untrennbarer Bestandteil des Parkareals Lednice-Valtice auf der Liste des UNESCO-Weltkultur- und Weltnaturerbes.
Ein weiteres Barockschloss, das zum Staunen anregt, liegt mitten in Mikulov auf einem imposanten Felsen. Obwohl es 1945 beim Rückzug der deutschen Armee sehr stark beschädigt wurde, konnte es dank intensiver Reparaturen wenige Jahre später wieder eröffnet werden. Heute ist im Schloss Mikulov eine thematisch ganzheitliche Dauerausstellung „Der Wein quer durch die Jahrhunderte“ gestaltet. Im Keller lagert eines der weltweit größten Weinfässer aus dem Jahr 1643. Es fasst 100.000 Hektoliter.
Der Schlossgarten gehört in seiner Art zu den größten in ganz Tschechien. Er besteht aus Gartenterrassen, die auf unterschiedlichen Ebenen rund um den gesamten Hügel angeordnet sind. Die hübsche Stadt Mikulov mit ihren schmucken Häusern ist von sanft hügeligen Weinbergen umgeben. Rund 90 Prozent der tschechischen Weine werden in Süd- und Ostmähren angebaut. So spielt der Wein dort eine besonders zentrale Rolle – wie bei den zahlreichen schillernden Weinfesten, in den hübschen Kellergassen in Plže mit den bunt bemalten Eingangsportalen oder in den mehrere hundert Jahre alten Kellern in den umliegenden Dörfern, zu dem der urige Keller Vinný sklep U Lisu in Uherské Hradiště zählt, zu sehen ist.
Informationen:
Tschechische Zentrale für Tourismus, www.visitczechrepublic.com
Fotos: Carola Fabe