Foodie

Trüffeljäger, Delikatessen und edle Messer

Die Spezialklinge aus Salitano war gerne mal im Einsatz bei Mitgliedern der Cosa Nostra, hingegen war die ausgeklappt mit 60 bis 80 Zentimeter Länge noch martialischer daherkommende Sfarziglia, die man zugeklappt gerne im Hosenbein verbarg, in den gleichen Jahrhunderten gern in Händen der neapolitanischen Camorra. Anders als heute, wo man der enthemmten, globalisierten Mafia eigentlich jederzeit eine finale Tat zutrauen kann, war der Messer-Fight in früheren Zeiten vor allem in Neapel streng ritualisiert. Die „Zampata“, das Duell zweier mit Sfarziglie Bewaffneter, war geradezu ein Tanz – der allerdings auf Leben und Tod geführt wurde. Einziger Schutz: das um den messerfreien Arm gewickelte Sakko! Das mortale Finale konnte nur vermeiden, wer sein Messer senkte oder fallen ließ – Gesten der Unterwerfung, die respektiert werden mussten!

Liebesmesser

Und Alessandro Conti hat in seinem Messerladen An der Via Roma in Scarperia noch weitaus mehr Schätze, die das glitzernd funkelnde Metallmesserreich seiner Bottega dell`Artigiano zu einer ganz besonderen musealen Einrichtung machen. Da wären zum Beispiel die „Coltelli dell`amore“, die sogenannten „Liebesmesser“, wie sie um 1850 vor allem südlich von Rom schwer in Mode waren. Hatte sich ein Pärchen zur Heirat entschieden, erhielt der Auserwählte nicht selten so ein prunkvoll vor allem auf der Klinge verziertes Messer – für den Fall der Fälle! Es hätte ja noch ein Nebenbuhler auftauchen können.

Salitano: Mordsmesser aus dem sizilianischen Salaparuta. Foto: Ellen Spielmann
Salitano: Mordsmesser aus dem sizilianischen Salaparuta. Foto: Ellen Spielmann

Selbstverständlich zeigt Alessandro Conti auch eines der ikonischen Coltelli di Scarperia, jener Messer aus Scarperia, die diese Kleinstadt vor den Toren von Florenz zur nationalen Messerschmiede gemacht haben. Diese verkaufen sich ebenso gut wie Jagdmesser, gerne auch mit Horngriff vom Hirsch, oder gut nachgefragte Allzwecktaschenmesser für Outdoor-Bewegte. Aber natürlich finden sich im Laden auch feinste hergestellte Korkenzieher, Löffel, Gabeln und Haushaltswarne aus Metall. Schließlich hat sich die Gabel schon im 15. Jahrhundert als Besteckergänzung zu Löffel und Messer gesellt. Dies alles erfährt man natürlich auch nebenan im mächtigen Palazzo dei Vicari, wo sich Scarperias nationales Messermuseum eingerichtet hat. 

Borgo San Lorenzo

Gut möglich, dass die Kunst des Messerschmiedens, wie sie Alessandro Conti und Fabio Gasparrini auch in ihrer Kunsthandwerk-Werkstatt, der Coltelleria (Messerschmiede) vorführt, wo sogar exklusive Messer „in acciaio damasco“, einzigartige Damastmesser, erstehen, vor 600 Jahren in Scarperia aufkam, weil Reisende sich gegen marodierende Räuberbanden im Apennin schützen wollten. Ursprünglich aber diente das Messer nicht heißblütigen Raufbolden und Militärs, sondern der Landwirtschaft und der Jagd.

Natürlich hat der Mugello, der hier in seinen Ausläufern vor Florenz in 300 bis 400 Meter Höhe mit grünen Wäldern, Wiesen und Getreidefeldern aufwartet, auch weitaus Friedfertiges zu bieten. Zum Beispiel im Hauptort Borgo San Lorenzo in der Pfarrkirche San Lorenzo das legendäre Bildnis der Madonna von Borgo San Lorenzo, geschaffen wohl 1280 von keinem Geringeren als Giotto di Bondone. Nach der Besichtigung sind es dann nur fünf Schritte zum Ristorante und Delikatessenladen Passaguai an der Piazza San Lorenzo. Hier ist das Reich von Cristian Borchi und Team, das drinnen wie draußen Gäste mit regionalen Delikatessen verwöhnt. 

Regionale Delikatessen im Passaguai. Foto: Ellen Spielmann
Regionale Delikatessen im Passaguai. Foto: Ellen Spielmann

Nahebei ist im Ortsteil Vespasiano des Dorfes Vicchio sogar das Geburtshaus von Giotto zu besichtigen. Schließlich war der Maler und Erbauer des Kampanile des Doms von Florenz Begründer der Frührenaissance und gilt als der perfekte Künstler überhaupt. Als er sich in jungen Jahren bewerben sollte, so geht die Legende, malte er einfach einen perfekten Kreis – ohne die Hand abzusetzen! Giottos einzigartiges „0“ ist seither sprichwörtlich. Ebenfalls im Ort museal vertreten ist der zweite große Künstler aus Vicchio, Renaissancestar Fra Beato Angelico!

Borgo Scaffaia

Und natürlich waren hier einst auch die Medici präsent, schließlich stammt diese berühmte Dynastie aus dem Mugello. Da ist etwa nahebei die Villa Cafaggiolo, in deren manieristischem Park man sich die Megaskulptur des riesigen Apennins nicht entgehen lassen sollte. Ihre Ländereien ringsum gehören heute allerdings der Familie Malesci. 

Cosimo Malesci empfängt uns in der Tenuta Schifanoia nahe San Piero, das seit 2014 als Scarperia e San Piero eine gemeinsame Verwaltungseinheit im Mugello ist. Gut 500 Hektar umfasst das gesamte Anwesen, das vor allem mit Getreide, früher auch mit Tabak reüssiert, aber seit einigen Jahren auch stark im Tourismus aktiv ist. Auf Schifanoia wurden zahlreiche Gebäude, teils ehemalige Case coloniche, Pächterhäuser, perfekt restauriert und sogar zum luxuriösen Hotelbetrieb der Extraklasse, eingerichtet in Villen mit großzügigen und mit viel Geschmack ausgestatteten Suiten umgewandelt. Andere dienen heute Trekking- und Radwanderfans an der Via degli Dei, der Straße der Götter als Herberge – natürlich mit Pool. 

Tatsächlich bildet das Anwesen Borgo Scaffaia aktuell das Herz der Tenuta Schifanoia. Hier genießt der Hotelgast jedweden Komfort, sogar ein veritabler, angenehm gemütlich vor sich hin dampfender Hot Pot wurde in die perfekt umgestaltete Hofanlage integriert. 

Auf der Jagd mit Guiseppe und Zara. Foto: Ellen Spielmann
Auf der Jagd mit Guiseppe und Zara. Foto: Ellen Spielmann

Ab hier starten auch diverse Freizeit- und Aktivitätsangebote der Tenuta, z. B. Wanderungen und Ausflüge zur drei Kilometer entfernten uralten Klosteranlage Bosco ai Frati, wo man ab und an auch Steinpilzsucher findet, die hier aber nur mit Genehmigung suchen dürfen. Ganz exklusiv ist die angebotene Trüffeljagd, die wir mit Trüffeljäger Giuseppe, er stammt aus den Abruzzen, und seinem Trüffelhund Zara, einem ungarischen Rassehund, unternehmen. Mit enormem Erfolg: Eine ganze Reihe schwarze und sogar zwei kleine weiße Trüffel erspürt der munter suchende Racker in kurzer Zeit in der lehmigen Erde, unter Büschen und Bäumen. 

Abends dann werden wir unsere Funde in der köstlichen Trüffelpasta genießen, die die erstklassige hauseigene Restaurantküche natürlich bis ins Detail frisch zubereitet. Und natürlich darf auch ein herrliches Rinderfilet dazu nicht fehlen! Großartig ist auch der Hauswein: Er stammt vom Weingut I Veroni im nahen Pontassieve, das kürzlich ebenfalls von der Familie Malesci übernommen wurde und schon seit Jahren herausragende Weine in Bioqualität erzeugt! Keine Frage: langweilig wurde es uns bei diesem herrlichen Aufenthalt nie! Die Tenuta Schifanoia verspricht nicht zu viel, sondern übertrifft alle Erwartungen.


Informationen: 

Mugello: www.mugellotoscana.it/en

Tenuta Schifanoia, San Piero: www.schifanoia.farm

Agriturismo I Veroni: www.iveroni.it,  www.agriturismo.iveroni.it

Passaguai, Borgo San Lorenzo:  www.passaguaiborgo.it

Konvent Bosco ai Frati: www.boscoaifrati.org

Bottega dell`Artigiano: www.coltellidellartigiano.it/coltelleria-artigiano-scarperia

Museo dei Ferri Taglienti: www.museoferritaglientiscarperia.it

Fotos: Ellen Spielmann, pixabay

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