Ein Besuch bei Maremma-Cowboys samt Verkostung kulinarischer, toskanischen Köstlichkeiten der Etruskerküste ist ein besonderes Erlebnis. Im nahe gelegenen Roselle tritt das etruskisch-römische Erbe dank archäologischer Ausgrabungen unmittelbar vor Augen.
Naturpark Maremma
Das Besucherzentrum des Regionalparks Maremma, auch Naturpark Maremma genannt, liegt in der kleinen Ortschaft Alberese am Rand des Parks. Er wurde 1975 eingerichtet und erstreckt sich über 100 km² entlang der Küste zwischen den Orten Principina a Mare im Norden, Alberese im Osten und Talamone im Süden. Vom Besucherzentrum (hier kann man sich Räder leihen) aus starten auch geführte Touren, Wander- und Radtouren durch das teils hügelige landschaftlich sehr abwechslungsreiche Gelände. Unsere Begleiterin, Giovanna Pezzotta, im Park und in Roselle und Grosseto arbeitet für die Kooperative L Orme.
Sie zeigt uns im herrlichen Naturpark erst einmal die spektakulären bis zu 400 Jahre alten Olivenbäume. Der Olivenhain heißt Oliveto di Collelungo, benannt nach dem nahe gelegenen Kastell aus der Renaissance. Die Oliven werden bis heute geerntet und im Vecchio Frantoio, der alten Ölmühle im Park verarbeitet. Man kann dies Super-Bio-Öl dann u.a. im Besucherzentrum sowie auch in der Bottega di Alberese erwerben. Ziel unserer kleinen Wanderung ist der Hauptturm des alten Kastells, der Torre di Collelungo, auch Torre di Colle Lungo (Turm an den langen Hügeln) geschrieben. Er liegt drei Kilometer vom Parkeingang weg.
Der Weg zum Turm und dann weiter zum Strand von Coellunga ist auch für Radfahrer machbar. Er heißt Itinerario (Route) Pinastrellaia. Als Wehr- und Aussichtsturm in der Renaissancezeit von der Republik Siena erbaut (14. Jh.), wurde der Torre di Collelungo unter dem ersten Großherzog der Toskana, Cosimo I. Medici (1519 – 1574) erweitert, und 1597 komplett restauriert.
Vom Kastell geht der Blick auf die Küstenlinie mit bis zu 400 m hohen Felshängen, die Pineta (Pinienwald) den wilden Naturstrand und auf die benachbarte Wehranlage etwas weiter weg auf dem Sporn hinter der Pineta. Sie heißt Castel Marino (wurde im 13. Jh. erbaut) und liegt oberhalb der Mündung des Flusses Ombrone ins Meer.
Flora, Fauna und Geschichte des vielfältigen Ökosystems aus Wald, Fluss, Sumpf, Strand und Dünen lassen nicht nur die Herzen von Naturfreunden höher schlagen, sondern begeistern jeden Besucher. Die klassische Pineta, die teils bis an den Strand reicht ist ein Mischwald aus Schirmpinien (sie werden 200-250 Jahre alt), Seekiefern und Steineichen. Sie geht über in die mediterrane Macchia in der auch der Corbezzolo, der Erdbeerbaum zu finden ist. Der Park ist darüber hinaus auch für eine harzhaltige Pflanze, den lentisco bekannt: der als Wilde Pistazie bekannte Mastixstrauch (Pistacia lentiscus), ist eine Nutzpflanze. Ihr getrocknetes Harz, der Mastix läuft beim Anritzen der Rinde aus. „Mastic Balls“ süße Bonbon enthalten das Harz.
Am naturbelassenen Strand, der Spiaggia di Collelungo tummeln sich die Badegäste. Im Gebiet hinter dem Sandstrand, dem Paduletto di Colellungo (Sümpfchen, kleiner Sumpf von Collelungo) versickert ein Flüsschen einfach im Boden. Dieses Gebiet wird seit 2004 als Biodiversitätszone ausgebaut. In der sich anschließenden schattenspendenden Pineta sind Bänke und Tische rund um das mobile Restaurant Ristoro La Viola, aufgebaut. Sein Besitzer Antonio ist ein Spaßvogel. Er hat an einer Schiefertafel mit Kreide folgenden Spruch aufgehängt und verfasst: „Se hai „furia“ hai un bel cavallo..“ (Wenn du Wut hast, hast du ein schönes Pferd). Vielleicht auch ein Wortspiel mit dem TV-Pferd „Fury“.
Die Azienda Agricola Alberese und Einkehrschwung in die Bottega
Beiderseits der Straße zwischen Marina di Alberese und Albarese erstrecken sich Weiden für das Maremma-Pferd (cavalla maremmano) und das Maremmana, eine spezielle, nur in der Maremma vorkommende Rinderart, die größer als das Hausrind, grauscheckig und mit großen Hörnern ausfällt.
Und außerordentlich lohnend ist die Azienda Agricola Alberese (Landgut Albarese) zu besuchen. Dort kann man übernachten, die berühmten Maremma-Kühe sowie die Maremma-Pferde bewundern und auch das in einem alten Pferdestall eingerichtete Museo dei Butteri (Museum der Viehtreiber) besichtigen. Führungen durch dies Cowboy-Museum der Maremma macht u.a. Alessandro Zampieri, Anfang 60 oder älter, der seit dem 1.1.1999, also seit 41 Jahren Buttero ist und heute der Capo (Che) dei Butteri von Alberese ist. Es gibt noch maximal 40 Butteri in der Maremma, nicht viele. Sie verstehen ihr Handwerk mit den großen, wilden im Freien lebenden Tieren umzugehen und finden die Anwürfe städtischer Tierschützer unberechtigt.
In Alberese öffnet die Bottega di Alberese, der Verkaufsladen mit Bistro der Azienda Agricola Alberese, wo man auch Degustationen machen kann, ihre Pforten. Das ganze Projekt wird von Slow Food unterstützt. Hier werden günstig (alles zwischen 6,50 und 20 Euro das Kilo) der bekannte Maremma-Schinken, Fleisch vom Maremma-Rind, Salamis und wunderbarer Käse ebenso verkauft wie Olivenöl und Wein, Weidenkörbe zum Einkaufen sowie etwas fragwürdige Gemälde eines Malers namens Mauro Mannelli mit Maremma-Cowboys. Sehr gut sind die Fleisch- und Käsewaren von Silvano Mori sowie der Biokäse „Il Romitorio“ vom Biolandgut „Le Tofane“. Auch der reife Käse „Il Fiorino“ aus Roccalbegna ist lecker. Beim Wein ist zum Beispiel der Morellino di Scansoano DOCG aus der Fattoria der Villa Granducale aus Alberese zu empfehlen. Auch der weiße Vermentino „Castelmarino“ IGT Toscana von Vigna Lucis, ebenfalls aus Alberese, mundet bestens. Und das Bio-Olivenöl „Antico Frantoio del Parco“ ist im Angebot.
Roselle, die alte Etruskermetropole und das mittelalterliche Grosseto
Roselle, etruskisch Rusel, die Stadt der Etrusker, liegt am Ombrone-Fluss auf zwei Hügeln (194m) ca. 8 km nordöstlich von Grosseto. Sie war Teil des Zwölfstädtebunds und wurde von den Römern 294 v. Chr. erobert. Bedeutung hatte sie als Getreidestadt und wegen des Holzes zum Schiffsbau. Später wurde sie Bischofssitz, bis Papst Innozenz II, der 1133 bis 1137 in der Maremma verbrachte, den Bischofssitz nach Grosseto verlegte.
Ausgrabungen seit den 1950er Jahren unter dem Archäologen Aldo Mazzolai brachten etruskische und römische Schätze hervor. Und die archäologischen Arbeiten jüngster Zeit ermöglichen das komplexe religiöse, wirtschaftliche und kulturelle Leben zu rekonstruieren.
Im Archäologischen Park von Roselle sind Reste der Römerstraße zu begehen, das von den Etruskern im 7. Und 6 Jahrhundert v.Chr. erbaute Zyklopenmauerwerk der Stadtmauer zu sehen.
Das mittelalterliche Grosseto, Hauptstadt der gleichnamigen Provinz, lag einst im sumpfigen Gebiet. Ihr sehr schönes historisches Zentrum wartet mit der 1574 errichtete Medici-Mauer, die im 19. Jahrhundert in einen Wallgarten umgewandelt wurde. An der Hauptpiazza steht der Dom San Lorenzo aus dem 13.-14. Jahrhundert, der im 19. Jahrhundert eine attraktive rot-weiße Marmorfassade bekam. Daneben der alte Rathauspalast im neogotischen Stil an der Piazza Dante Alighieri. Es gehört zum Teil des frühabendlichen Corso-Programms im Literaturcafé Libreria/Bar/Caffé Palomar einen Aperitif zu nehmen. Hier finden Lesungen statt, mit Buchhandlung und einem dicken Kater, der einfach nur „cat“ heißt.
An der Marina di Grosseto lädt das Hotel Terme Marine Leopoldo II, Via IV Novembre, zum Übernachten Relaxen ein. Es liegt nur 200 m vom Strand, ringsum öffnen zig Restaurants für Abendessen am Meer.
Information:
Parco Regionale della Maremma, www.parco-maremma.it/en/
Informazioni turistiche Grosseto (Info Point Grosseto)/Tourismusbüro Maremma Toscana, https://quimaremmatoscana.it/
Touristische Informationen Provinz Grosseto: www.provinciagrosseto.com Toscana Promozione Turistica, www.visittuscany.com
Essen und Trinken, Spezialitäten:
Bottega di Alberese, https://it-it.facebook.com/IzioMerySNC/
Ristoro La Viola, www.facebook.com/laviolaristoro/, www.vetrina.toscana.it/ristoranti/ristoro-la-viola/
Libreria/Bar/Caffé Palomar, www.libreriapalomar.eu/
Lokale Produzenten: https://quimaremmatoscana.it/it/produttori-locali
Fotos: Jürgen Sorges