Sansibar gleicht einer Parallelwelt, die gleich hinter der Eingangstür des Abeid Amani Karume International Airports beginnt. Unmittelbar fühlt man sich an die Zeiten vor dem Ausbruch der Krise erinnert, wenn die müden Fluggäste dicht gedrängt auf den ersehnten Stempel im Reisepass warten.
Stell dir vor, es gibt eine Pandemie, aber niemand wird panisch. So lässt sich die Stimmung auf der Gewürzinsel im Indischen Ozean in Anlehnung an das viel zitierte Brecht-Diktum „Stell dir vor, es ist Krieg, aber keiner geht hin“ auf den Punkt bringen. Nachdem der tansanische Präsident John Mafufuli sein Land im vergangenen Juni nach einem dreitägigen Gebet für coronafrei erklärte, wurden auch im halbautonomen Teilstaat Sansibar sämtliche Restriktionen aufgehoben.
Während an der nördlichen Ostküste der Tourismus selbst in Corona-Zeiten brummt, sind die Strände andernorts auch in der Hochsaison fast leer. Zum Beispiel an der Südwest-Küste in der Nähe des Fischerdorfs Kizimkazi. 32 Hektar Wald, Gärten sowie ein 1,5 Kilometer langer weißer Sandstrand umsäumen die 66 Villen des Resorts, das britische und indische Einflüsse mit der Tradition von Suaheli und dem Oman vereint. Sämtlich mit Privat-Pool und teils mit Blick auf den topasblauen indischen Ozean bieten die Edelherbergen mindestens 100 Quadratmeter Platz zum Genießen – flankiert von einem zwischen 55 und 145 qm großen Außenbereich.
‚Zanzibar-Chapati‘ und Piña Colada-Pudding
Vor jeder Villa stehen Fahrräder – stets willkommene Vehikel, um die teils langen Distanzen zu Restaurant, Lobby oder Spa in der tropischen Hitze schneller zu überwinden. Wer sich nicht bewegen mag, lässt sich im Golf-Cart chauffieren. Etwa ins Restaurant ‚The Pavillon‘, das allabendlich mit großzügigen Buffets aufwartet. Das ‚Latino BBQ‘ beispielsweise lockt schon zur Vorspeise mit Calamari-Salat mit roten Bohnen und Jalapeños, Garnelensalat mit gegrillten Zucchini oder Hähnchensalat mit Kokosnuss. An der Live-Cooking Station stehen mexikanische Tortillas, geminztes Rindfleisch oder Dorade zur Auswahl. Bleibt dann noch Platz im wohlgefüllten Magen, darf man sich an Mangospieß, Arabica & Macadamia- Roulade, Piña Colada-Pudding oder süßen Crêpes gütlich tun.
Wer tiefer in die Küche Sansibars eintauchen will, bucht einen Kochkurs. Die zeitlich kürzere Variante findet im Kräutergarten statt, wo der Koch Einblick in sein Schaffen gewährt. Der wichtigste Teil seines Menüs ist Fisch-Curry, verführerisch aromatisiert mit, Knoblauch, Kumin, Koriander, Chili, Nelken, Salz und Pfeffer. Auf der anderen Flamme des Gasherds köchelt ein ‚Ugali‘ genannter Maisbrei – die traditionelle ostafrikanisches Beilage für jedes Essen. Es passt zu allem und wird stets mit den Händen gegessen. Ebenso lecker wie einfach zuzubereiten ist ‚Zanzibar-Chapati‘, ein ungesäuertes Brot aus Mehl, Salz, Öl und Wasser. Auf der Insel und auch in Tansania zählt es zu den Hauptnahrungsmitteln.
Wie die Gewürze wachsen, der der Insel ihren Namen geben, zeigt die halbtägige „Spice-Tour“. Sansibar gleicht einem gigantischen Gewürzschrank, der vieles bereithält, was Würze in die Küchen bringt. Vanille, Ingwer, Zimt, Kardamom, Safran oder Nelken: Auf der Tour lernen die Hotelgäste die Pflanzen dahinter kennen. Und sie erfahren buchstäblich, wo – und wie –der Pfeffer wächst. Was sicherlich nicht jeder weiß: Um ihn frisch zu vermarkten, wird er früh und in grünem Zustand geerntet, in Salzwasser eingelegt oder gefriergetrocknet. Der rote Pfeffer stammt von reifen Früchten, sein schwarzes Pendant wird durch Trocknen haltbar gemacht.
Das letzte Quäntchen Glückseligkeit
Ein Muss ist eine Fahrt mit einer Dhow in den Sonnenuntergang hinein. Abdul und Khatib sind ebenso sympathische wie beschwingte Zeitgenossen, die das Schippern zum Erlebnis machen. Zunächst steuern sie den handgefertigten Holzkahn mit zusammengerolltem Segel und Motorkraft von Matemwe in nordöstliche Richtung. Für den Rückweg setzt Khatib dann das Segel, das aussieht, als wäre es schon zu Zeiten des britischen Protektorats im Einsatz gewesen. Der Indische Ozean zeigt sich von seiner ruhigen Seite und macht das sanfte Gleiten zur Meditation. Für das letzte Quäntchen Glückseligkeit sorgt der südafrikanische Cabernet Sauvignon, den Abdul zusammen mit feinen Kanapees aus einer Holzkiste zaubert.
Wie schön, die beiden am Morgen danach wieder als Skipper auf einem anderen Boot begrüßen zu dürfen. Pünktlich um acht Uhr startet die Delfin-Pirsch. Früher hat man die Meeressäuger hier gejagt, um sie zu essen, um ihr Fleisch zu verkaufen oder um sie für den Haifisch-Fang als Köder zu benutzen. Heute werden sie nur noch von Touristen gejagt. Was in anderen Regionen dieser Welt häufig einem Massen-Event gleicht, mutet hier vor der Südostküste Sansibars an diesem Morgen wie eine private Pirsch.
Ein einziges kleines Boot ist zu sehen, darin ein ambitionierter Fischer, der stolz einen kapitalen Kingfish präsentiert. Liegt die Ruhe möglicherweise daran, dass kein Delfin zu sehen ist? Schon auf dem Weg zurück zum Resort sind sie plötzlich doch da: Einer, zwei, drei – immer mehr jagen durchs Wasser und springen ins Himmelblau. Kurz kommen sie zum Luft holen an die Wasseroberfläche, um dann direkt wieder abzutauchen.
Streifzüge wie diese stehen für die besondere Magie Sansibars. Der Abschied fällt schwer –nicht nur wegen der Rückkehr in den unendlich scheinenden Lockdown.
Fotos: The Residence Zanzibar, Christian Euler