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Südfrankreich: Hausboot Ahoi!

Am Quai Baptiste Guitard von Mèze wartet festgezurrt das Hausboot von Locaboat, dem Unternehmen, dass mittlerweile europaweit 330 Boote zur Vermietung bereitstellt. Bei mehr als 200 Strecken über die verschiedensten Kanäle und Seen in Ländern von Deutschland bis Frankreich und von Italien bis Irland, dürfte für so ziemlich jeden Geschmack etwas dabei sein. Der Clou ist vor allem das führerscheinfreie Fahren. Denn nach einer kurzen Einweisung geht es schon los auf die mehr oder weniger „Große Fahrt“.

Trend Hausboot

Und tatsächlich dürften nicht zuletzt diese geringen Hürden ein Grund dafür sein, dass sich Urlaube mit dem Hausboot immer größerer Beliebtheit erfreuen. Konnte sich die gesamte Bootsbranche in den Jahren vor Covid Jahr für Jahr über ein stetiges Wachstum von rund acht Prozent freuen (Quelle: MFI Ibis World), spielte die Pandemie Bootanbietern noch zusätzlich in die Karten. Wie und wo lässt sich besser Anstand halten, als allein auf einem Hausboot?

Trend Hausboot: einfach mal irgendwo anhalten. Foto: Michael Schabacker
Trend Hausboot: einfach mal irgendwo anhalten. Foto: Michael Schabacker

Glücklicherweise liegen die pandemischen Zeiten so langsam hinter uns – dies muss aber nicht bedeuten, solche Trends der letzten Jahre nicht näher zu beleuchten. Denn auch wenn Hausboot-Urlaube zunächst einmal nicht viel mit Luxus vereinen, lässt sich solch eine Reise mit ein wenig Recherche zu einem unvergesslichen Trip gestalten.

Marseillan

Unser Ausgangspunkt der Reise lag unweit des kleinen Städtchens Marseillan. Für viele Hausboot-Novizen in dieser Region ist hier schon zwingend der erste Stopp einzubauen. Denn der kleine Ort in der Lagune Étang de Thau ist vor allem bekannt für den Wermut Noilly Prat. Wer also Zeit und Interesse hat, sollte sich eine Führung und die eine oder andere Kostprobe in den Produktionshallen des Bacardi-Unternehmens nicht entgehen lassen.

„Kleiner“ kulinarischer Stopp. Foto: Michael Schabacker

Und wenn es dann ein etwas längerer Aufenthalt ist: unbedingt entweder den einen oder anderen Kaffee in einer der Bars am Hafenbecken genießen, wahlweise natürlich auch ein Austern-Dinner. Oder man besucht eines der vielen kleinen Restaurants am Rand des kleinen Ortes. Denn hier gibt es natürlich vor allem Meeresfrüchte – direkt und frisch aus dem Meer vor der Tür. Einer der kleinen „Geheimtipps“: das Tarbouriech Le St Barth‘.

Dutzende von Weinproduzenten

Und wenn es dann noch weiter an Land gehen soll, empfiehlt sich immer der Besuch der einen oder anderen Weinproduktion. Wahlweise kann ein Fahrrad bei Locaboat gemietet werden, somit steht den Landausflügen nichts mehr im Weg. 

Fasslagerung: Besuch bei Noilly Prat in Marseillan. Foto: Michael Schabacker
Fasslagerung: Besuch bei Noilly Prat in Marseillan. Foto: Michael Schabacker

In der Region befinden sich bekanntermaßen dutzende von Weinproduzenten, die es gilt zu entdecken. Neben der Domaine la Madeleine Saint Jean oder Domaine Saint-André, die eher als kleine Produzenten anzusehen sind, hat zum Beispiel die Domaine Belle Mare (zugegeben: auch ein kleiner Produzent) mit dem 2018 PICPOUL DE PINET AOC (91 Punkte im falstaff) international immerhin einen „Achtungserfolg“ einfahren können.

Canal du Rhône à Sète

Entlang der etwa 3000 Austernbänke der Lagune, welche von den etwa 600 Austernzüchtern bewirtschaftet werden, lässt es sich nur erahnen, wie eine Ernte der Meeresfrüchte aussieht. Jeder einzelne „Austerntisch“ ist gut 50 Meter lang und zehn Meter breit. Bis zu 1000 Leinen, mit Austern behangen, bescheren alljährlich acht bis zehn Tonnen Austern – pro Tisch. Viele der Austernzüchter haben Netze um die Tische gespannt, um die Austern vor Räubern wie zum Beispiel Brassen zu schützen.

Vorbei an den 3000 Austerntischen. Foto: Michael Schabacker
Vorbei an den 3000 Austerntischen. Foto: Michael Schabacker

Durchfährt man die Lagune weiter, die im Mittel gut vier Meter tief ist und somit für die Hausboote aufgrund des geringen Tiefgangs gut passierbar ist, ist man nach kurzer Fahrt auf dem Canal du Rhône à Sète. Wenige Kilometer Durchfahrt und man erreicht Frontignan. Der 24.000 Einwohner große Ort lädt ein einen ausgedehnten Badetag am Plage Frontignan zu verbringen oder vielleicht auch auf kulinarische Entdeckungstour zu gehen. Zahlreiche kleine Restaurants locken mit frischen Meeresfrüchten.

Unweit von Frontignan erreicht man in kurzer Zeit auch den beliebten Plage Baleine nahe der Salzwiesen (Salins de Villeroy). Auf dem Weg dorthin durchfährt man das Städtchen Sète, das man sich unbedingt anschauen sollte. Die kleine Hafenstadt ist bekannt durch Mont Saint-Clair (175 m), die Markthalle von Sète und die zahllosen Fischrestaurants, die für ihre mediterranen Spezialitäten bekannt sind. Natürlich stehen Austern immer weit vorne auf der Beliebtheitsskala, aber auch die „Tielles“ (Tintenfisch im Teigmantel mit Tomatensauce) und die „Bourride“ (landestypische Fischsuppe) findet man auf fast jeder Speisekarte.

Tielles: Tintenfisch im Teigmantel mit Tomatensauce. Foto: Michael Schabacker
Tielles: Tintenfisch im Teigmantel mit Tomatensauce. Foto: Michael Schabacker

Nicht nur die Kulinarik und die wunderbare Vogelwelt entlang der Kanäle sind ein Argument für einen Urlaub in der Region, auch kulturell kann die eine oder andere Sehenswürdigkeit kurzweilige Momente verschaffen. Weiter den Canal du Rhône à Sète verfolgend, erreicht man kurz vor Palavas-les Flots eine Halbinsel mit der Cathédrale de maguelone (St-Pierre-St-Paul).

Das Bauwerk aus dem 12. und 13. Jahrhundert überrascht durch seine Ausmaße, bietet durch eine buchbare Audiobegleitung tiefe Einblicke in vergangene Zeiten. Die historischen Ruinen wurden ehemals als Festung genutzt, heute ist der Ort vor allem für sein Mittelalter- und Renaissance-Musikfestival bekannt.

Durch das „La Porte De Maguelone“ erreicht man nach etwa zehn Minuten die „Cathédrale de Maguelone“. Foto: Michael Schabacker
Durch das „La Porte De Maguelone“ erreicht man nach etwa zehn Minuten die „Cathédrale de Maguelone“. Foto: Michael Schabacker

Den Etang de l`Or passierend, fährt man wenig später schon in Aigues-Mortesein, einer kleinen Stadt im französischen Département Gard. Hier lässt es sich wunderbar durch die Gassen der mittelalterlichen Festung schlendern. Zahlreiche Geschäfte laden ein, kulinarische Köstlichkeiten wie zum Beispiel regionale Süßwaren oder Pasteten und Wurstwaren zu testen. Viele kleine Lokale sind innerhalb der Festungsmauer, diverse Restaurants sorgen für eine vielfältige Kulinarik.

Die Tage und Nächte entlang der südfranzösischen Kanäle an Board eines Hausbootes sind aber vor allem geprägt von der absoluten Entschleunigung des oftmals sehr hektischen Alltags. Und was vor allem in Erinnerung bleibt: Die Sonnenuntergänge im Klang französischer Musik und die Geräuschkulisse der vielfältigen Vogelwelt…

Wenn es Abend wird... Foto: Michael Schabacker
Wenn es Abend wird... Foto: Michael Schabacker
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