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Schwergewicht in Umbriens Weinhochburg Montefalco

Dass die heutige 5400-Seelen-Gemeinde Montefalco 30 km südöstlich der Provinzhauptstadt Perugia, die auch Regionalhauptstadt Umbriens ist, heute zu den schönsten Dörfern Italiens zählt, ist indes kaum ihm zu verdanken. Dafür sorgten die überaus fleißigen Bürger und Bauern der Gemeinde – allen voran natürlich der Winzer, die hier und im nahen Umland die berühmte Weinrebe des Ortes, den seltenen Sagrantino anbauen und zu einer der bekanntesten Marken Italiens machten. Weinbau ist in Montefalco schon seit mindestens 1088 dokumentiert. Doch schon in der Antike gab es hier wohl edlen Wein, wie Plinius der Ältere berichtet. Ob indes der Sagrantino tatsächlich eine autochthone Rebsorte ist, bleibt unklar. Die Bezeichnung taucht erst ab 1540 auf, der Name indes leitet sich von lateinisch „sacer“, „heilig“ ab und ist eine Referenz an die hohen christlichen Feiertage, an denen dieser „vino sacro“ (heilige Wein) getrunken wurde. Klar ist indes, dass Montefalco schon seit 1925 der berühmte Hotspot des Weinbaus in Umbrien ist. 

Ernte bei Antonelli. Foto: Antonelli San Marco
Ernte bei Antonelli. Foto: Antonelli San Marco

Und dafür gesorgt hatte allen voran der Rechtsanwalt Francesco Antonello aus Spoleto, der das Anwesen im Ortsteil San Marco 1881 erwarb und hier ab 1883 professionell Weinbau betrieb. Damit ist die Azienda Antonelli San Marco bis heute die älteste Kellerei vor Ort. Das Gut selbst dürfte weitaus älter sein, war schon zur Zeit der Langobarden als San Marco de Corticellis und für Wein und Oliven bekannt und gehörte ab dem 13./14. Jh. den Bischöfen von Spoleto. 1979 wurden die Weine aus Montefalco als DOC-Weine geschützt, 1992 erhielt der Sagrantino sogar die prestigeträchtige Schutzbezeichnung DOCG. Einen beträchtlichen Anteil daran dürfte Filippo Antonelli gehabt haben. Der promovierte Agrarwissenschaftler, 1960 in Rom geboren, entschied sich 1986 dafür, die Leitung der Azienda und der zweiten Cantina der Familie (Castello di Torre in Pietra) zu übernehmen. Damit beendete er nicht nur die Familientradition, in der vier Rechtsanwälte nacheinander das Gut bewirtschafteten. Filippo Antonelli führte auch wissenschaftliches Denken und die Umgestaltung des Weingutes zu einem modellhaften Betrieb im 21. Jh. weiter. Zudem war er ab 1996 über drei Wahlperioden und zuletzt bis 2022 Präsident des Winzerkonsortiums Montefalco.

Schon seit 2012 wird auf der Azienda rein biologisch gewirtschaftet. Und die neue Cantina wurde unterhalb der historischen Villa San Marco höchst umweltschonend und gleichzeitig praktisch unterirdisch angelegt. Das Gut umfasst 190 Hektar, von denen 60 ha Weinberge, 13 ha Olivenhaine, 30 ha für Getreide und 33 ha für Obstbäume genutzt werden. Doch immerhin fast 50 ha blieben und bleiben als naturbelassener Wald erhalten. Dieser, Macchione genannt, sorgt für die wichtige Biodiversität – und ist gleichzeitig dank Wander- und Reitwegen auch die grüne Lunge für Ortsansässige wie Besucher. Ganz nebenbei wird hier auch auf Trüffeljagd (weiß und schwarz) gegangen. Und seit kurzem gibt es auch dank freilaufender Schweine und dem Programm „Pork & Cork“ Salami und Schinken von Antonelli.

Azienda Antonelli San Marco. Foto: Antonelli San Marco
Azienda Antonelli San Marco. Foto: Antonelli San Marco

Haupteinnahmequelle ist indes der Wein, von dem jährlich 420 000 Flaschen abgefüllt werden. Erstaunlich, dass nur 20 Prozent in den Export gehen. Hauptauslandsmärkte sind die USA (33 %), die Schweiz (14 %) und Deutschland (12 %). Und es könnte weitaus mehr sein, denn die Weine aus der Cantina Antonelli sind exzellent. Allen voran muss man natürlich die mit Reben von ausgewählten Parzellen hergestellten Crus „Chiusa di Pannone“ Montefalco Sagrantino DOCG sowie „Molino dell`Attone“ Montefalco Sagrantino DOCG nennen. Diese beeindruckenden Weine (um die 40 Euro pro 0,75-l-Flasche) erhalten regelmäßig bis zu 94 Punkte auf der 100-Punkte-Skala. Nicht minder prominent ist der Montefalco Sagrantino DOCG, der anders als von nur einer Parzelle jährlich aus Reben der besten Parzellen gekeltert wird. Dafür sorgen der Önologe Massimiliano Caburazzi, der önologische Berater Paolo Salvi, der Agronom Alessio Moretti, der Weinberg-Berater Ruggero Mazzilli und natürlich das gesamte Weinbauteam von Antonelli. Die sorgen auch dafür, dass aus der Sagrantino-Rebe nicht nur ein roter „secco“, sondern auch ein exzellenter Passito entsteht der Montefalco Sagrantino Passito DOCG bringt es auf 18 % Alkoholgehalt und hat viele Liebhaber.

Aber auf Antonelli San Marco wird nicht nur Sagrantino angebaut. Hier gedeihen auch der raffinierte Trebbiano Spoletino, Sangiovese und Grechetto. Und so gibt es neben dem Sagrantino auch weitere rote wie der Montefalco Rosso DOC, den Montefalco Rosso Riserva DOC sowie den Contrario Umbria Rosso IGT. Letzterer gilt auch preislich als probater „Umsteigerwein“ für all diejenigen, die vom Rosso zum teureren Sagrantino wechseln möchten. Zudem wird noch der Baiocco Sangiovese Umbria IGT gekeltert.

Im Weinkeller... Foto: Antonelli San Marco
Im Weinkeller... Foto: Antonelli San Marco

Unter den Weißweinen ist der Montefalco Grechetto DOC natürlich erste Wahl. Doch das Hauptaugenmerk liegt auf der wiederentdeckten Rebsorte Trebbiano Spoletino. Über Jahrzehnte vergessen, erlebt dieser tatsächlich autochthone Weißwein nun dank Antonelli San Marco und in Montefalco sein Comeback. So entstehen der Trebium Trebbiano Spoletino Spoleto DOC sowie – als Rarität, weil nur mit Trauben von der wie ein Rundbild angelegten Weinbaufläche „Vigna Tonda“ hergestellt und in Amphoren aus Terrakotta und Keramik gekeltert: der Vigna Tonda Trebbiano Spoletino DOC. Großartig ist dann auch eine weitere Innovation, der perlende Trebbiano Spoletino Spumante Spoleto DOC Metodo Classico. 

Natürlich gehört Antonellis exklusives, sehr gutes Olivenöl Olio extra Vergine di Oliva aus den Sorten Moraiolo, Frantoio e Leccino ebenfalls in den Einkaufskorb. Dazu wird Grappa aus Sagrantino (Jahrgänge sowie Riserva); 42 % Alkoholgehalt) angeboten, dazu Sagrantino-Konfitüre nur aus besten Sagrantino-Trauben, Gemüse und Dinkel-Pasta. Grund genug also, online zuzuschlagen oder noch besser dem Gut einen Besuch abzustatten. Die Weindegustation (fünf oder acht Weine; 15 bzw. 25 €) kann mit dem Besuch der Cantina (plus 10 €) erweitert werden. Wer zudem einige Häppchen samt Salami und Schinken aus eigener Herstellung sowie Käse haben möchte, zahlt dafür 12 Euro. Mittag- bzw. Abendessen werden indes nur ab 10 Personen angeboten. Dafür aber öffnet die australische Food-Stylistin Wendy Aulsebrook ihre Kochschule “Cucina in Cantina” (Kurs: 100 Euro). Und wer auf der Azienda übernachten möchte, kann dies aktuell in der Casa Satriano (6 Apartments), die bis 2025 ausgebaut wird. In jedem Fall zu empfehlen sind aber die Sagrantino-Weine, der weiße Trebbiano Spoletino sowie das Olivenöl.


Information:

Azienda Antonelli San Marco: www.antonellisanmarco.it

Fotos: Antonelli San Marco

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