Bereits seit 1300 wurden in der kulturell und historisch reichen Ecke, 60 km süd-westlich von Dublin, Pferde gezüchtet. Kildare (Irisch: Cill Dara bedeutet „Eichenkirche“) war eine der drei wichtigen christlichen Gründungen im Land der Kelten. 1900 kaufte der passionierte Pferdezüchter, Polo-Spieler, Oberst William Hall Walker, englischer Geschäftsmann und Politiker, die 400 Hektar große Farm bei Tully. Der gebürtige Schotte, der dem Empire auch in Indien gedient hatte, verwandelte das Anwesen innerhalb weniger Jahre in das erfolgreichste Pferdegestüt seiner Zeit.
1915 schenkte Hall Walker Farm und Pferde an die britische Krone, die es zum Nationalgestüt erklärte und bald darauf Hall Walker zum Baron Wavertree ernannte. Hall Walker starb 1933. 1943 erwarb die junge Republik Irland Land, Besitz und Pferde um schließlich 1946 das Irish National Stud zu gründen. Eigentümer ist das irische Volk. William Hall Walker arbeitete mit skurrilen Methoden, die vielleicht auf seine Zeit in Indien zurückgehen: er ließ Horoskope für neugeborene Fohlen erstellen und wählte auf dieser Basis die Aussichtsreichen aus. Und er bestand auf Pferdeställen in denen die Tiere den Himmel, Mond und Sterne sehen konnten.
Schon 1909 triumphierte seine Züchtung mit Minoru: der Hengst gewann das im Pferderennsport entscheidende Epsom Derby unter König Edward VII. Hall Walkers zweites großes Erfolgspferd war Prince Palatine, der zwei Mal beim Ascot Gold Cup, das Rennen machte. Auch unter der Ägide Sir Henry Greers setzte das britische Nationalgestüt seinen Siegesreigen für das Königshaus fort. Königin Elisabeth II besuchte Tully 2011 um im Irischen Nationalgestüt den Ort der ruhmreichen Rennpferde, Sieger der fünf Klassischen Rennen, zu sehen. Auch heute spielt das National Irish Stud in der obersten Liga, besitzt die teuersten Hengste: die obere Decktaxe liegt bei 60.000 £.
Am 22.11.2021 eröffnete das irische Nationalgestüt auf dem Gelände das neue interaktive Museum „Irish Race Horse Experience“. Besucher erleben hier eine Reise durch die Welt der Pferde, die Zucht, das Training und den Rennsport selbst. Höhepunkt bei diesem Spaßprogramm ist sicherlich die Teilnahme an einem simulierten Rennen bei dem Spieler in Realzeit ihr Können auf dem Pferderücken testen.
Auf den weitläufigen Koppeln des Anwesens kann man die „lebenden Legenden“ der Zucht beobachten, die enigmatische Namen „Beef“ (Rind) und „Salmon“ (Lachs), Hardy Eustace, Hurricane Fly (Hurricane-Fliege), Kicking King (Quicklebendiger König) sowie Rite Of Passage (Halbstarker) tragen. Sie haben ihre arbeitsreiche Phase der Rennen hinter sich, beindrucken aber gewaltig, wenn sie im vollen Galopp in Richtung Besucher über die Koppel preschen und erst kurz vor dem Holzzaun abbremsen. Ein tolles Erlebnis, die Power und Wildheit der schönen Tiere nah und in natura zu sehen!
Passionierte Gartenfreunde und Spaziergänger kommen in Tully dank der heiteren und ruhigen japanischen und irischen Gartenanlagen voll auf ihre Kosten. Der „Japanese Garden“ zählt zu den schönsten Europas. Er wurde unter der Ägide William Hall Walkers zwischen 1906 und 1910 angelegt. Den Auftrag bekam ein Meister der japanischen Gartenkunst: Tassa Eida. Zusammen mit seinem Sohn Minoru schuf er einen perfekten japanischen Garten im Sinne der asiatischen Vorstellung, das menschliche Leben zu symbolisieren.
Mittels der klassischen Elemente, Wasser, Bäume, Pflanzen, Rasen, Blumen, Felsen, Hügel, ihrer Anordnung und Kombination im spielerischen Umgang mit kontrollierter und wilder Natur wird der Lauf der Jahreszeiten, das Sinnbild für Werden und Vergehen des menschlichen Daseins, dargestellt. Ein Schild „Lebensweg“ weist auf einen gewundenen Weg, der zum langsam Gehen anhält und eröffnet den Garten-Parcour der Ruhe und Meditation. Ein Stück gerader Weg dient dazu den Blick zu lenken, einen Ruhepunkt zu finden um ein exponiertes Element des Gartens zu betrachten: z.B. eine große Kiefer, das Symbol der Weisheit, oder das Wasser, das einen See oder das Meer symbolisiert, über das nach japanischem Glauben die Gottheiten kamen. Wasser steht aber auch für Reinheit, Lebensquelle und Veränderung. Felsen bedeuten Stabilität und Beständigkeit, sie bilden einen Kontrapunkt zu Bewegung und Wandel.
Natürlich gibt es auch eine Brücke, ein weiteres zentrales Element im japanischen Garten: die Brücke des Lebens repräsentiert den Akt des Übergangs von einem Lebensfeld zum nächsten, bis hin zum Tod und dem Leben im Jenseits. Neben immergrünen Pflanzen wartet der Garten mit Kirsch- und Pflaumenbäumchen auf, deren Blüten Eyecatcher sind, aber im Gesamtkonzept, den Lauf der Jahreszeiten und damit Ankunft und Abschied darstellen. Moosgewächse symbolisieren Dauer, Alter, das im asiatischen Kontext bekanntermaßen Ehre bedeutet. Beim Spaziergang können Besucher einfach ihre Seele baumeln lassen, sich heiter oder besinnlich verlustieren. Die attraktive Gartenkunst des japanischen Meisters Eida zieht jährlich 120.000 Besucher an.
Ein ganz anderes nicht minder erfolgreiches Konzept liegt der Anlage des St. Fiachras Gartens zugrunde, der 1999 vom preisgekrönten Landschaftsarchitekten Martin Hallinan entworfen wurde. Er huldigt St. Fiachra, den Schutzheiligen der Gärtner und stellt enge Bezüge zu der historisch frühen bedeutsamen Bewegung irischer Klostergründungen her. Mönche siedelten im 6. und 7. Jahrhundert in der wilde Natur Irlands. So beschwört Halliman den Zustand roher Naturlandschaft: Wald, Wasserfälle, Seen, Fluss- Bachläufe, Sumpfland samt Fauna und Flora. Auf einer Halbinsel im großen See des Parks stehen nah am Bachzufluss einzelne Mönchszellen aus Kalkstein.
Ein wilder Garten mit Moosen, Farnen, aber auch kleinen Orchideen, zwischen den vom Wasser glatt polierten großen Natursteinen, ist der Inbegriff irischer unberührter Natur. Die Steinskulptur einer Mönchsgestalt thront majestätisch in einem Boot mitten im fließenden Gewässer und ist doch nur ein kleines Element im großen Natur-Kultur-Ensemble des Irish National Stud & Gardens.
Kulinarisch verwöhnt und versorgt werden Besucher im Japanischen Garten Restaurant mit Suppen, Beef Burgern, Cottage Pie (Pasteten), Salaten, Sandwiches zu Preisen von 4,95 € bis 11,95 €.
Informationen:
Irland Information/Tourism Ireland, www.ireland.com/de-de/
Fáilte Ireland, www.discoverireland.ie
Tourism Northern Ireland, https://discovernorthernireland.com
Fotos: Jürgen Sorges