Anfangs startete Piotr Motała als junger, gerade fertig ausgebildeter Koch unter einem deutschen Koch, den es aber nach einem halben Jahr zurück in die Heimat zog. Danach übernahm Piotr Motała das Zepter in der Küche und sollte dies bis heute nicht wieder aus der Hand geben.
Waclaw Dzida, der tatsächliche „neue Stonsdorfer“, hatte den jungen Mann und seine Mutter auf dem Markt in Hirschberg, heute Jelenia Góra, entdeckt, und bot dem nach Arbeit Suchenden tatsächlich sofort eine Stelle im der Schlossküche an. Danach folgten weitere Ausbildungen, etwa beim gleichnamigen Sohn von Franz Keller in der hochrenommierten Adlerwirtschaft in Hattenheim am Rhein.
Seine Küche beschreibt Piotr Motała, der sich an diesem sonnigen Sommermittag zu uns an den Tisch auf der herrlichen Rosenterrasse des Schlosses gesellt, als „polnische Küche mit französischen Elementen“. Die Küche des Hauses gehört mittlerweile zu den allerbesten im Hirschberger Tal am Fuß des Riesengebirges mit der höchsten Erhebung, der 1603 Meter hohen Schneekoppe. Und die ist – neben dem Kräuterbitter „Echt Stonsdorfer“, vor allem dank der ausgiebigen TV-Werbung der frühen Nachkriegsjahrzehnte, das vielleicht bekannteste Aushängeschild des Riesengebirges und Niederschlesiens.
Erst einmal gilt alle Aufmerksamkeit Waclaw Dzida, der mit Gattin Dr. Agata Rome-Dzida und den zwei Söhnen Antoni und Maurycy sozusagen die Kern- und Keimzelle der „neuen Stonsdorfer“ bildet. Insgesamt besteht das Team der „Neuen“ nun aber schon aus ca. 30 Mitgliedern, die für das Wohl der Gäste des Schlosshotels sorgen.
2001 hatten Waclaw Dzida und Gattin das Schloss übernommen. Seit dem Zweiten Weltkrieg hatte es als Fortbildungszentrum der Feuerwehr gedient, rückwärtigen, heute karminrot gestrichenen einstigen Kavaliershaus gab es sogar Wohnungen der Feuerwehr. Ursprünglich sollte es daher gar nicht in den Kaufvertrag mit einfließen – aber da setzte sich der entscheidungsfreudige wie geschäftstüchtige Waclaw Dzida ebenso durch wie bei der späteren Erweiterung der Schlosshotelanlagen: ein neues, prachtvoll eingerichtetes SPA mit Schwimmbecken wurde errichtet.
Und auch ein Teil der ehemaligen Anlagen des Wirtschaftshofes konnte erworben und saniert werden. Dort residiert heute Dr. Agata Rome-Dzida mit ihrer Interior-Design-Firma „Maison de Rome“ in märchenhaft gestalteten Räumlichkeiten bis unters Dach: sämtliche Möbel und Einrichtungsgegenstände sind nach ihren Entwürfen handgefertigt – ein formidables Designer-Erlebnis und Anziehungspunkt schlechthin.
Herzstücke dieser Verkaufsausstellungen sind indes neben Lacktischen und Lampen die Tapeten. Denn Dr. Agata Rome-Dzida arbeitet heute für viele Schlösser in Polen und deren fachgerechte Restaurierung. Dazu zählen eben auch historische wie historisierende Tapeten, die zugleich aber auch einen Hauch Alter, ergo Patina, mitbringen müssen.
Beim Rundgang um und durch das Haus erfahren wir, dass hier seit 1367 eine Familie Stange ein sogenanntes. „Festes Haus“ besaß, das im 16. Jahrhundert im Renaissancestil zum Gutshaus gewandelt und 1726 in den Besitz der Familie von Schmettau wanderte, die es barock umgestaltete. Seit 1750 war Schloss Stonsdorf in Besitz der Familie Reuß zu Köstritz, die es 1787 grundlegend umbaute und 1878 einen Ostflügel anfügte.
Dies alles musste Waclaw Dzida Schritt für Schritt erneuern, vom Keller bis zum Dach. Das heutige Luxushotel überstand sogar die Schließung während der Corona-Pandemie, auch dank regelmäßig wiederkehrender deutscher Gäste, die mittels Geldzuweisungen für spätere Aufenthalte dafür sorgten, dass die gesamte Crew blieb.
Ein Glück daher, dass auch Piotr Motała nicht das Handtuch warf. So können sich Gourmets heute auf seinen Signature Dish freuen: Gebratene Ente im Ganzen, sechs Stunden im Ofen gegart! Ein Gedicht, das allerdings einen Tag im Voraus bestellt werden muss. Piotr bringt es den Gästen genauso an den Tisch wie seine vielgerühmte knusprig gebratene Entenbrust mit Apfel-Rosinen-Sauce, Rosenkohl, Rotkohl, zarten Möhren und Kartoffelgratin. Am besten aber ordert man gleich ein Fünf-Gänge oder Sieben-Gänge-Menü, ebenfalls einen Tag im Voraus, oder bestellt querbeet durch die herrliche Speisekarte.
Als Vorspeisen locken gebratener Hirsch mit Avocado- und Chilisalat, Pesto aus sonnengetrockneten Tomaten und Salat mit Zitronenvinaigrette, marinierte Artischockenböden in Petersilie-Vinaigrette, geschmorte Bohnen in Gemüsemousse und Parmesankäse oder gebratener Steinbutt mit Kohlrabi-Ragout in Béchamel, Bärlauch-Pesto und Frühlingszwiebeln.
Viele der Zutaten wie Fisch, Lamm und der exklusiv bezogene Ziegenkäse sind lokaler Herkunft. Im Herbst lockt Piotr mit Zicklein-Gerichten. Ob nun Borschtsch, kalte Gurkensuppe oder eine wunderbare Creme mit Flusskrebsen, Perlhuhnbrust, Rinderfiletsteak, Lammkeule oder Rehrücken – die Küche von Schloss Stonsdorf bietet exquisite, hocharomatische Qualität.
Unbedingt probieren sollte man auch Spargel-Risotto oder den gerösteten Hokkaido-Kürbis mit Feta, Limette, Olivenöl, Kürbiskrokant, Kürbisgnocchi und Chili, ehe zum Dessert einmalige gutes Belgisches Schokoladenfondant mit Vanillesauce, Kirschen und Mango-Eis oder das unschlagbare Rhabarberragout in Himbeermousse mit Hüttenkäsecreme und Mandelkrokant 835 locken. Dazu gibt es internationale Spitzenweine, darunter aber auch der wunderbar sommertaugliche Solaris aus der polnischen Winzerei Turnau.
Schließlich: der neue Stonsdorfer: Zum 200. Jubiläum des „echten“ entschloss sich Waclaw Dzida, einen eigenen, neuen Stonsdorfer Likör aufzulegen, den „Likier Staniszowski“. Er wird in der kleinen Manufaktur „Waclaw Dzida & Söhne“ im Erdgeschoss des schmucken sog. „Tirolerhaus“ produziert, in dessen erster Etage sich zudem zwei Familien-Appartements befinden. 2000 Flaschen jährlich werden von diesem dunkelroten Elixier abgefüllt, das mit 32 % Alkohol und mit Geschmacksaromen von Sternanis und Waldfrüchten aufwartet.
Informationen:
Polnisches Fremdenverkehrsamt: www.polen.travel/de
Touristische Organisation Niederschlesien: www.dolnyslask.travel
Hotel SPA Palac Staniszów/Schloss Stonsdorf: www.schlossstonsdorf.de
Interior Design „Maison de Rome“: www.maisonderome.com/de
Fotos: Jürgen Sorges