Ab 1950 wurde Marechiaro rasch bekannt für seine Frutti di Mare, Pizza und insgesamt seine hervorragende Küche. Doch es sollte bis in die 1990er Jahre dauern, bis die Kinder des Patrons und Eigners Mauro De Pinto diesen überzeugten, hier in großem Stil ein Restaurant der Spitzenklasse – zudem mit einer großen, weitläufigen, dennoch windgeschützten Außenterrasse zu etablieren.
Heute gilt das Marechiaro als eines der besten apulischen Restaurants, längst nicht nur nördlich von Bari. Gourmets pilgern hierher, um in unaufgeregt familiärer Atmosphäre ausgewählten fangfrischen Fisch aus der exzellenten Küche zu genießen, dem leichten Wellenschlag de Adriawogen zu lauschen und das großartige abendliche Panorama des Hafens von Molfetta zu bewundern.
Die De Pinto sind hier nun schon in der fünften Generation – und vermutlich wird der Boom um dieses Fischrestaurant der Extraklasse auch in Zukunft nicht abreißen. Denn Molfetta baut derzeit Großes: Vom Hafenbecken mit Molfettas Wahrzeichen, der Fassade der doppeltürmigen Ex-Kathedrale San Corrado, entsteht nun entlang der Banchina San Domenico und weiter nach Norden eine veritable Promenade, samt Beleuchtung und neuem Palmenbestand. Die wird Molfetta in kürzester zeit auch auf die Landkarte des internationalen Tourismus hieven.
Doch auch jetzt schon treffen sich die Apulien-Kenner hier und sollten natürlich schon jetzt im Marechiaro einen Tisch vorab reservieren. Denn der Andrang ist groß, insbesondere auch von Seite der Einheimischen, wie sich an den Nummernschildern der vor dem Ristorante parkenden Autokarawane zeigt. Geboten werden perfekt zubereitete Gerichte, etwa als Antipasto Miesmuscheln oder ein herrlicher Carpaccio vom rohen Thunfisch. Dazu kann man z. B. den Weißwein „The Lady“ ordern, einen Pinot Grigio DOC delle Venezie 2021 aus der Cantina „Ferro 13“, der als Aperitif und Einstieg o.k. ist. Wir aber lösen ihn zum Primo und Secondo durch den 2021er Pietra dell`Orlo, einen Greco di Tufo DOCG von Winzer Giovanni Molettieri ab, der ideal zum frischen Fisch des Hauses passt.

Es folgen Pasta mit Langusten oder Muscheln, zum Hauptgang mit herrlichen Beilagen und Salaten wählt man Dreierlei Fisch vom Grill, wobei Schwertfisch nie fehlen sollte. Immer gut beraten ist man zum Dessert mit dem ebenfalls selbst hergestellten Eis des Hauses – eine Wucht!
Bevor das Restaurant am frühen Abend öffnet, sollte man einen näheren Blick auf Molfetta werfen. Topziel ist natürlich die Kirche und Ex-Kathedrale San Corrado, benannt nach dem allerdings nicht heilig-, sondern nur seliggesprochenen Zisterziensermönch Konrad von Bayern (1105 – 1154).
Direkt am Hafen beeindrucken der noch aktive 18 Meter hohe, 1857 erbaute Leuchtturm von Molfetta und seit 2018 das Denkmal für die Verstorbenen auf See, geschaffen vom italienischen Bildhauer Giovanni Morgese. Herrlich sind die steinernen Masken an der Rückfront der Ex-Kathedrale, die man über den Vico Campanile erreicht. Von hier aus geht es in die jahrzehntelang vernachlässigte Altstadt mit ihren schmalen, von hohen Palästen gesäumten Gassen.
Heute ist ein Großteil saniert, die Altstadt wieder ein Schmuckstück. Durch eines der Stadttore geht es direkt auf die Piazza Mazzini mit der drei Meter hohen Marmorstatue des Philosophen und Politikers Giuseppe Mazzini (1805 – 1872), die der skandalumwitterte italienischen Bildhauer Filippo Cifariello (1864 – 1936) schuf und die 1898 enthüllt wurde. Am Platz öffnet auch das Blues Café, ideal für einen kleinen kalten oder warmen Snack und einen Aperol Sprizz. Wir aber wollen weiter an die Banchina San Domenico. Denn nicht nur Venedig, auch Molfetta hat ein berühmtes Etablissement namens Cipriani, hier allerdings als Strandcafé und Gelateria. Der perfekte Ort, um bei einem kühlen Bier mit den Einheimischen ins Gespräch zu kommen, ehe dann das Marechiaro ruft.

Auch im Hinterland müssen Frisch-Fans nicht darben. So öffnet z. B. im 50.000-Einwohner-Landstädtchen Corato seit einiger Zeit das Ristorante „Pesce, Fritto e Baccala`“! Ursprünglich nur ein Takeaway, hat sich „Fisch, Frittiertes und Kabeljau“ binnen Kurzem zur angesagtesten Adresse im Ort gemausert. Als Antipasto wählt man z. B. Tatar von marinierten Gamberi mit Kichererbsensalat, Sesam, getrockneten Tomaten und grünem Apfel oder herrlich mundenden Oktopussalat. Als Hauptgang locken Paella Spagnola zu zweit oder Lachs aus dem Ofen mit grünem Spargel und salziger Zabaione, dazu passt perfekt eine Flasche Weißwein Marke Falanghina IGP Puglia aus der lokalen Cantina Piarulli!
Corato tut viel für die Kunst und das Gemeinwohl. So findet sich das bemerkenswerte Wandbild „Nave di parole“ („Schiff der Wörter“), das 2018 der Straßenkünstler Fuad Aziz schuf, direkt an der mit Blumen und rot leuchtenden Regenschirmen geschmückten Fußgängerzone der Via Roma. Es ist Teil des lokalen Kulturprogramms „Verso Sud“, das auch an der nahen, perfekt restaurierten Piazza Abbazia mit dem historischen Arco Abbazia aus dem 15. Jh. Spuren hinterließ.
Auch das durch seine reiche, vor allem antike, griechisch geprägte Stadtgeschichte berühmte Landstädtchen Ruvo di Puglia wartet mit einem kulinarischen Muss auf: Allererste Adresse ist hier das Ristorante „Al Batacchio“ an der Via Isabella Griffi 12, an der Ecke zur Piazza Dante und zur Via Cesare Vanni. Im Schatten des freistehenden Glockenturms des Doms von Ruvo di Puglia zaubern hier Fabrizio und sein Team tagtäglich innovative apulische Küche – und pflegen gleichzeitig uralte Traditionen. Wir sind begeistert von den Kreationen, etwa den sagenhaften Zwiebelgerichten dank einer riesigen Spezialzwiebel von den Feldern der nahen Küstenstadt Margherita, benannt nach Italiens erster Königin.

Ein Gedicht, wie auch die Auswahl der Weine, angefangen bei einem Primitivo des Jahres 2018 und vollständig eingelöst mit einem Aglianico des Jahrgangs 2016. Zuvor kann man auf einen Aperitif im Meeting Café an der Piazza Dante Platz nehmen und dort ein allerdings eher monströses neues Kunstwerk bewundern. Es ist die Statue (Carrara-Marmor) „Talos“, geschaffen vom lokalen Bildhauer Max (Massimiliano) di Goia und am 21. Oktober 2023 enthüllt. Die Marmorstatue zeigt den Titanen Talos laut der Mythologie. Zudem sind am Fuß der Skulptur eine Maske zur Erinnerung an die Covid-19-Pandemie, eine Schlange, eine Eule und ein Olivenzweig als Symbol der Prosperität der Stadt Ruvo di Puglia hinzugefügt. Keine Frage, das Ergebnis ist vorsichtig ausgedrückt „streitbar“ zu nennen. Besser, man schaut sich die berühmte Talos-Vase direkt im Nationalmuseum Jatta in Ruvo an, spaziert dann durch die herrliche Altstadt, trifft auf die ein- oder andere Marienprozession oder pilgert auf herrlicher Zypressenallee zum 1900 eröffneten Monumentalfriedhof.
Fotos: Ellen Spielmann