Das Symposium unter dem Motto „EVOKE UP!“ war geprägt von renommierten Rednern der ganzen Welt, die über die Kultur des Essens und ihre Bedeutung sprachen.
Noma-Team und die Wandergruppe
Das Symposium unter dem Motto „EVOKE UP!“ nahm einen zentralen Stellenwert beim European Food Summit in Slowenien ein. Es war geprägt von renommierten, internationalen Gastrednern, die über die Kultur des Essens und ihre Bedeutung sprachen. In ihren abwechslungsreichen Präsentationen wurden bei dem Fachsymposium Visionen zu Lebensmitteln, deren Umgang, Produktion und Verwendung vorgestellt und diskutiert. „Der Europäische Lebensmittelgipfel bot eine interessante Auswahl an Themen, deren Hauptgedanke darin bestand, das Publikum und die Entscheidungsträger dazu herauszufordern, über die Fragen nachzudenken, mit denen die Branche und unsere Gesellschaft insgesamt in den nächsten Jahren und Jahrzehnten konfrontiert sein werden“, fasst das Organisationsteam zusammen. Mikrobiologin Beti Vidmar schlug eien Idee zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen vor, indem sie das Futter für die Rindfleischproduktion änderte, ohne dass die Qualität des Endprodukts beeinträchtigt wurde.
Küchenchefin Rebecca Clopath stellte die nachhaltige Arbeit in ihrem Restaurant in Graubünden vor, in welchem sie sämtliche importierte Produkte verbannte. Anschließend referierte Marie-Claude Lortie (Le Droit, Kanada) über den – ihrer Meinung nach – besten Supermarkt der Welt. In diesem slowenischen Genossenschaftsladen werden die Waren der regionalen Produzenten angeboten. Mittels eines launigen Videos zeigte die renommierte Köchin Colombe Saint Piere (Chez St-Pierre, Kanada) als Darstellerin in einem Dokumentarfilm auf, warum sie ihr angesehenes Restaurant schloss und stattdessen auf nachhaltiges, hyperlokales Street Food setzt.
Die Französin Maria Canabal vom Parabere Forum informierte über die immer noch weit verbreitete Geschlechterkluft in der kulinarischen Szene und forderte zu drei entscheidenden Schlüsselfaktoren zur Unterstützung von Küchenchefinnen auf: „Create a fair and inclusive environement. Promote work-life integration. Support female talents.“ Andraž Tuš (Engrotuš) erzählte von seiner Zusammenarbeit mit Ana Roš bei der Markteinführung einer eigenen lokalen Produktlinie. Er berichtete von seinen Erfahrungen, wie er Verbraucher davon überzeugt, dass es sich lohnt, für Qualitätsprodukte etwas mehr auszugeben.
Ana Roš war auch Gastgeberin des runden Tisches, der sich speziell mit den Lebensmittelherstellern befasste und ihren Kampf ums Überleben darstellte. Irena Orešnik (Sirarstvo Orešnik) von einer der renommiertesten slowenischen Käsereien bestätigte, dass ihr mittelgroßer Betrieb ohne einen Zweitjob nicht überleben kann, während Mitja Zupan von der Fischzucht Zupan darauf hinwies, dass Slowenien zwar ein Land mit reichlich Süßwasser ist, aber die Hälfte seiner Forellen aus dem Ausland importiert.
Ebenfalls zu Gast waren die Biogärtner Jeanne Dumas Chalifour und Matteo Monterumis, die in den slowenischen Hügeln vier Hektar Gartenfläche und neun Hektar Wald, alles ohne Maschinen, bewirtschaften. Kunstkritiker Nicolas Bourriaud (Frankreich) teilte seine Gedanken über die Wechselwirkungen zwischen Küche und Kunst mit. Er zog auch kühne Vergleiche zwischen berühmten zeitgenössischen Kunstwerken und Tellern von Sternerestaurants und wies auf Beispiele hin, in denen beide Bereiche miteinander verschmelzen.
Schriftsteller John Lanchester aus dem Vereinigten Königreich erinnerte daran, dass die Pandemie und die Abriegelungen, die überall auf der Welt stattfanden, eine neue Sichtweise auf das, was wichtig ist und was wir am meisten schätzen, vermittelten – auch in Bezug auf kulinarischen Erfahrungen. So habe der vorher weitgereiste Autor, der bereits in vielen Spitzenrestaurants speiste, den besten Kaffee in einem Café um die Ecke im Stehen und aus einem Pappbecher getrunken – nachdem die Beschränkungen aufgehoben worden waren. Spitzenkoch Angél León (Aponiente, Spanien) stellte sein Konzept vor, das Meer als Bauernhof der Zukunft zu nutzen, während Nicolai Nørregaard (Kadeau, Dänemark) die Aufgabe übernahm, über männliche Toxizität in der Küche zu sprechen und zu erklären, wie Kadeau es zu einem seiner Leitprinzipien gemacht hat, ein integratives und respektvolles Umfeld für alle Mitarbeiter zu schaffen.
In einem Videointerview hatten die Teilnehmer die Gelegenheit, mit Chefkoch René Redzepi vom Restaurant Noma, Dänemark zu sprechen. Er berichtete davon, wie er die Zeit während der Pandemie für Teambildungsmaßnahmen nutzte. So wurde unter anderem eine eigene Wandergruppe gegründet. „Wir sollten an Dingen arbeiten, die uns glücklich machen!“, schmunzelt Redzepi.
Sloweniens Michelin-Köche bieten Sinneserfahrung
Ein fulminater Schlusspunkt des European Food Summits gelang mit einem großartigen Experience-Dinner in der Galerie Cukrarna. Erstmals kamen alle slowenischen Michelinsterne-Köche zusammenkamen. Dazu gehören Ana Roš (Hiša Franko, zwei Michelin-Sterne), Gregor Vračko (Hiša Denk, Michelin-Stern), Tomaž Kavčič (Pri Lojzetu, Michelin-Stern), Uroš Štefelin (Vila Podvin, Michelin-Stern), Uroš Fakuč (Dam, Michelin-Stern), Jorg Zupan (Atelje, Michelin-Stern) und Luka Košir (Grič, Michelin-Stern). Zuvor konnten sich die Gäste im Foyer der ehemaligen Zuckerfabrik eine Ausstellung aus Produkten des achtgängigen Menüs ansehen.
Nach dem Rundgang durch die Pop-Up Galerie startete das überzeugende Dinner zu dem es nicht nur begleitende slowenische Weine sondern auch immer die jeweilige Lieblingsmusik der Köche zu hören gab. Zum Jubel der Gäste schallte aus den Lautsprechern „Psycho Killer“ von den Talking Heads und „Long Cool Women“ von The Hollies während Luka Kosir seinen Gang, Herz vom Wild, Flechte, Eichel und Pilze servierte. Uroš Štefelin bereitete zu dem Titel „Tam Kjer Murke Cveto“ von Manca Izmajlova und „Čar julijskih Alp Ansambel“ von Bratov Avsenik köstlichen Mais mit gelber Birne zu während Uroš Fakuč zur „Kartoffel, die zu einem Trüffel werden wollte“, sich für „La prima cosa bella” von Malika Ayane, „Maravigliosa Creatura” von Gianna Nannini und das Pop-Duo Al Band and Romina Power entschied. Jorg Zupan wählte zum Kohl mit Tomatillos und Sumach „No sleep“ von den Bestie Boys, Rage against the machine (Run Dmc) sowie „It’s catching up“ von No Means No.
Ana Roš, die sich für den Gang „Where’s the meat? Roasted barley flour injeira, onions, no-waste meat stock, napa cabbage bites, porcini mushrooms and elderberries” entschied, tanzte schließlich selbst zu der Musik „Ciao Bella“ von El profesor, „Musica leggerissima“ von Colapesce e Dimartino und „We are the people“ von MGMT. Gregor Vračko wählte für das Wollschwein an Kohlrabi „We care a lot“ von Faith no more und „State“ von Pearl Jam. Das Dessert „Autumn duo: golden apple and chestnut” läutete schließlich Tomaž Kavčič mit „Vivere“ von Vasco Rossi und „Autumn Leaves“ von Net King Cole ein. Fazit: Ein wundervolles Dinner, nicht nur für die Augen und den Gaumen sondern auch für die Ohren.
Tipp: Stilvoll und zentral nächtigen im Grand Hotel Union: Das im Jugendstil erbaute Hotel öffnete in Lubljana 1905 seine Türen. Damals war es eines der größten, modernsten und anspruchsvollsten Hotels im südöstlichen Teil Europas. Es wurde von dem renommierten Architekten Josip Vancaš entworfen, der mit den zeitgenössischen architektonischen Entwicklungen in Wien bestens vertraut war. Er entschied sich dafür, das Äußere des dreistöckigen Sezessionsgebäudes durch ornamentale Elemente hervorzuheben und fügte mit einem abgerundeten und kuppelförmigen Eckturm, der noch immer den südlichen Eingang des Gebäudes bildet, etwas mehr Abwechslung hinzu, nämlich das Union Café.
Neben dem Äußeren des Hotels konzentrierte sich der Architekt auch auf das Hinzufügen von Zierelementen im Innenbereich, der ebenfalls bis heute weitgehend in seiner ursprünglichen Form erhalten geblieben ist. Zu den bekannten Persönlichkeiten, die in dem schmucken Traditionshotel nächtigten, gehören unter anderem Orson Welles, Bill und Hilary Clinton, den Dalai Lama und Königin Elizabeth II.
Information:
Grand Hotel Union, https://www.uhcollection.si/grand-hotel-union/
Fotos: Carola Faber