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„Wolwodschaft Kujawien“: die Hansestadt Toruń (Thorn)

Thorn gilt als Stadt Kopernikus, der große Astronom wurde hier geboren, und als Stadt der Lebkuchen, den die Pfeffer- und Honigkuchenbäckereikunst hat eine lange Tradition. Am Flussufer, den Boulevard Filadefijski, entlang, erstrecken sich linkerhand die Stadtmauer mit Türmen, Basteien und Stadttoren, das Kloster-, Segler-, Brückentor und schließlich das Tor am Fuß der Ruinen der Deutschordensritterburg.

Zamek Krzyžacki – Die Deutsche Ordensburg

Schon 1231 errichtete der deutsche Militärorden mit 12 Ordensrittern und einem Komtur, eine Festung, die Ordensburg, und verlegte fünf Jahre später eine Siedlung hier an das Ufer der Weichsel (polnisch: Wisla). Ab 1260 schützte die Burg die inzwischen städtische Siedlung.  1454 brach eine Rebellion gegen die Ordensherrschaft aus, die schwach ausgestattete Deutschritter-Garnison unterlag am 8. Februar 1454 den aufbegehrenden Bürgern. Die Burg wurde geplündert und der Stadtrat beschloss sie zu schleifen. Damit nahm der Dreizehnjährige Krieg (1454 – 1466) seinen Anfang. 

Von der Ordensburg blieb nur die Vorburg, zumeist „Dansker“ genannt, erhalten. Es handelt es sich um einen Abfallturm oder Toilettenturm, der über einem Fluss oder Bach liegt. In diesem Fall war es der Bach Struga Toruńska an dem im 13. Jahrhundert eine Wassermühle errichtet wurde. Der „Dansker“, eine typische Konstruktion einer deutschen Ordensburg des 13./14, ist aus Ziegelsteinen erbaut und mit einer Brücke mit überdachtem Laufgang mit der Burg verbunden. Vom 16. bis ins 18. Jh. diente der Turm der Thorner Ordensburg dann als Schießpulverdepot. 

Die Burg am Abend. Foto: Ellen Spielmann
Die Burg am Abend. Foto: Ellen Spielmann

Von 1966 an wurde die alte Burgruine ausgegraben und teils wieder aufgebaut. Der „Dansker“ und die romantische Burgruine avancierten zum historisches Denkmal Thorns, das auch als teutonische Burg bekannt ist. Heute ist die Ruine der Deutschritterburg Toruń, Ruiny zamku krzyżackiego mit seinem Burgmuseum einer der beliebtesten Ausflugsziele. Besucher können die ehemalige Waffenkammer besichtigen, doch von den Angriffs- und Verteidigungswaffen (Armbrusten, Helmen und Schilden) blieb kaum etwas übrig. 

Exklusiv übernachten und speisen am rauschenden Bach

In der alten Wassermühle der Burg am Bach Struga Toruńska, die Mühle datiert auf das 13. Jh. zurück, befindet sich seit 2008 das wunderschöne Hotel „1231“ mit Restaurant „4 Pory Roku“ („4 Jahreszeiten“). Eine zweite Mühle errichteten die deutschen Ordensrittern 1422 – 1424 direkt unter dem Dansker. Die Obere Mühle diente als Mehlmühle, als Bäckerei, Lagerhaus und nach einer Umwandlung ab 1907 als Wohnhaus. Das historische Haus am rauschenden Bach, bis heute lassen sich die Spuren des Mühlrads im Gemäuer sehen, wurde aufwendig renoviert und Hoteldirektor Mateusz Mazur empfängt im Boutique-Hotel (Butikowy Hotel) „1231“ internationale Gäste. Im August 2021 wurde das Hotel großzügig erweitert, eröffnete einen neuen Hoteltrakt gleich vis-à-vis auf der anderen Straßenseite in der ehemaligen „Infermeria“, dem früheren Hospital der Ordensburg aus dem 14. Jh. In diesem Gebäude liegt auch das „Spa“ und die sympathische Bar „Gin O`clock“ mit Außenterrasse. Es ist mit dem Haupthaus, der alten Mühle, durch einen modernen unterirdischen Gang verbunden. So kommen die Gäste auch bei kalt-nassem Wetter trockenen Fußes in das Restauracja 4 Pory Roku (Restaurant 4 Jahreszeiten) im Untergeschoss der alten Mühle, das für die warme Jahreszeit mit einer großen Frei-Terrasse unter alten Arkaden aufwartet. 

Chefkoch Ariel Gomez Carusso kommt aus Argentinien, doch hat er sich der polnisch, regionalen, Küche verschrieben und setzt auf Bioprodukte und Nachhaltigkeit. Der Name des Restaurants ist Programm: saisonale Küche und dazu zählen höchste Qualitätsstandards, die bei den lokalen, regionalen Zulieferern des Restaurants angelegt werden. 

Polnisch-regionale Küche aus argentinischen Händen. Foto: Ellen Spielmann
Polnisch-regionale Küche aus argentinischen Händen. Foto: Ellen Spielmann

Sehr geschmackvoll und aromatisch sind die Suppen aus saisonalem Gemüse, etwa die „Krem z baktazana“ (Auberginencremesuppe), die in einer großen Bowl serviert wird. Das Tartar (Rinderlendenfilet) ist selbstverständlich beste Bioqualität, mit marinierten Pfifferlingen, rohem Eigelb, Zwiebeln, Olivenöl, dazu hausgebackenes Brot und Butter, ist ein Gedicht. Der Clou ist ein exklusives Fischgericht: Stör, der in Polen wieder heimisch ist. Das in Weiswein gedünstete Filet wird auf grüner Lasagne mit Ratatouille-Gemüse, Pilzen in Weiswein-Buttersoße serviert.

Kunst und Puppentheater

Beim Spaziergang jenseits des rauschenden Bachs Struga Toruńska stößt man auf ein Denkmal aus Holzstühlen und Stadtwappen von Thorn und Wappen der Deutsch-Ordensritter. Es steht an der alten hohen roten Backstein-Stadtmauer zwischen Altstadt und Neustadt, zwischen den Strassen ul. Wielkie Garbary und, ul. Piernikarska und ul. Przedzamcze. Mit der Kunstinstallation (Instalacja artystyczna), die 2015 aufgestellt wurde, wird die lange, bewegte Stadtgeschichte Thorns in einem modernen künstlerischen Format kommentiert. 

Und überhaupt gibt es über klassische touristische Attraktionen auch das weniger bekannte Thorn zu entdecken, z.B. tauchen bei Renovierungsarbeiten immer wieder alte Wandmalereien in Bürgerhäusern der Altstadt auf. Zur Historie Thorns gehört auch ihr Status als Universitätsstadt. Die Nikolaus Kopernikus Universität wurde zwar erst 1920 gegründet, aber akademische Institutionen gehen auf das 16. Jahrhundert zurück. Studenten der Kopernikus Universität waren die ersten Schauspieler des 1946 von Bydgoszcz (Bromberg) nach Toruń umgezogenen Puppenspieltheaters. Das Puppentheater Baj Pomorski hat seither im ehemaligen deutschen Burgtheater unweit der Ritterordensburg sein zuhause. Aus seinem Fundus, die Welt Pommerscher Märchenerzähler, wurde Polens modernste und interessanteste Bühne in diesem Genre. Interaktive Stücke sind heute eine Selbstverständlichkeit.


Informationen:

Polnisches Fremdenverkehrsamt, www.polen.travel

Touristeninformation Toruń, www.visittorun.com

Fotos: Ellen Spielmann

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