„Mittlerweile sind es 47 Produzenten unter dem Dach des Konsortiums“, verrät uns der Präsident der Vereinigung, Tullio Galassini. „Und diese 47 Produzenten teilen sich ein Weinbaugebiet von etwa 305 Hektar“, so Galassini weiter. Dabei begann alles recht zaghaft. Lediglich zehn Weingüter bildeten 2011 das Konsortium, basierend auf nur 35 Hektar Rebfläche, sorgten im Schatten der Ewigen Stadt schon für etwas Furore im Weinbusiness. Ohnehin ist das Konsortium Roma DOC „erst die fünfte Vereinigung – neben Frascati, Cesanese del Piglio, Marino und Atina – die als solche in Latium anerkannt wurde“, so Tulio Galassini weiter.
Latium: 330.000 Hektar
„Latium“ steht für die mittelitalienische Region, welche sich von den Abruzzen bis zum Mittelmeer erstreckt. Ein Areal von etwa 17.000 Quadratkilometern, entscheidend und historisch geprägt durch das eigentliche Zentrum der Region, Rom, umgeben von den Regionen Toskana, Umbrien, Marken, Abruzzen, Molise und Kampanien. Latium umfasst etwa 330.000 Hektar und beinhaltet die Küstengebiete, die römische Sabina, die Colli Albani, die Colli Prenestini und einen Teil der römischen Campagna in der Provinz Rom sowie etwa 60 Gemeinden.
Faustpfand: Kalkstein und Vulkan
Und genau in dieser besonderen geografischen Lage liegt auch das Faustpfand der Region und somit auch der ansässigen Weinproduzenten. Im Nordwesten Latiums trifft man auf Tuffgestein, verfestigtes vulkanisches Eruptivgestein. Somit befinden sich Unmengen an Mineralien im Boden, zum Beispiel Feldspat, Foide, Amphibole, Magnetit und andere Oxide. Bester Boden für mineralische Weine. Im östlichen Teil der Region schließt sich das Kalkgebirge der Abruzzen an, welches einen Teil der Provinz Rieti einnimmt. Eben dort ist der höchster Berg Latiums zu finden, der 2458 Meter hohe Monte Gorzano.
Kalkstein als maritimes Überbleibsel der Erdgeschichte, ist bekanntermaßen durch abgestorbene Organismen entstanden. Und wohl kaum ein Boden wird im Weinbereich mehr beworben als eben kalkhaltige Böden. Das auf diesen ganz besondere Weine entstehen (können), dürfte mehr als nachvollziehbar sein. Die entstandenen Calcium-Verbindungen im Boden, die schwach basische Eigenschaft durch den Kalk und der daraus entstehende hohe Nährstoffgehalt sowie die positive Auswirkung auf den Wasserhaushalt, sind der perfekte Ort um erfolgreich charakterstarke Weine zu generieren.
Trebbiano und die Grechetto-Traube
All diese guten Voraussetzungen sind heutzutage bekannt. Allerdings ist Latium bereits in der Antike eine Region der ausgeprägten Weinkultur gewesen. Einst war es der Falerner, der aus der mittlerweile ausgestorbenen Sorte Aminea gekeltert wurde, der vornehmlich die trinkfreudigen Römer erfreute. Und noch heute sind 50, zum Teil uralte Rebsorten zum Weinanbau zugelassen. Dabei lassen sich grob zwei Bereiche festlegen: „Der kühlere Nordteil steht für weiße, der wärmere Süden für rote Weine“, wie uns der Önologe Galassini weiter verrät.
Dem ein oder anderen Weinliebhaber sind der Frascati oder Orvieto sicher schon einmal zu Ohren gekommen. Für diese Weine stehen die Rebsorten Malvasia, die ihren Ruhm noch aus maurischen Zeiten und tiefen aromatischen Dessertweinen gewannen, Trebbiano, eine der ältesten und meistangebauten Rebsorten Italiens und die Grechetto-Traube, welche im Weißweinbereich für nussige Aromen steht und häufig im Verschnitt mit anderen Rebsorten verwendet wird. Bekannt ist auch, dass daraus eher jung zu trinkende Weine resultieren.
Tenuta San Leo
Die Rotweine der Region Latium werden durch die bereits angesprochene Mineralik betont, sind zumeist basierend auf die Grechetto-Traube gekeltert. Und gerade in diesem Segment hat sich in den letzten Jahren viel getan, es gibt spannende, teils säurebetonte, aber auch fein-mineralische Tropfen die auf den Markt gekommen sind.
Ein treffendes Beispiel für die Entwicklungsfähigkeit der Weine Latiums findet sich unter anderem bei der Tenuta San Leo. Das Unternehmen südlich von Rom ist ein sehr junges Unternehmen, wurde erst 2018 durch Vito Miceli gegründet. 50 Hektar groß, ist das Areal zusätzlich durch Frucht- und Olivenbäume sinnvoll ergänzt worden. Mit dem Commodo Bianco produziert San Leo unter anderem einen Malvasia-Wein, der mit schmalen 13 % Alkoholgehalt, Aprikosenaromen und leichter Pfeffernote gefällig daherkommt.
Vulkanböden und Nähe zum Meer
Ohnehin sind die Weine Latiums nicht nur geprägt von den Kalk- und Vulkanböden, die Nähe zum Meer und die entstehenden Winde resultieren leicht salzige Noten in einigen Weinen – sehr interessant. So zum Beispiel auch bei den Weinen von Casale Vallechiesa. Mit dem Cannellino (80 % Malvasia, 10 % Greco & 10 % Bombino) kann ein DOCG genossen werden, der ein Resultat einiger ausgesuchter autochthoner Trauben ist. Leichte Honignoten, feine Zitrusaromen, gerade mal 2000 produzierte Flaschen: eine Empfehlung.
Auch typisch: der Le Rubbie. Mit den Rebsorten Malvasia del Lazio, Malvasia bianca di Candia, Trebbiano toscano und Greco finalisiert, zeigt sich in der 120.000 Flaschen umfassenden Produktion die Stärke und Einzigartigkeit der Region: das Vulkangestein. Hier entfaltet sich der karge Boden, die Mineralität. Ein passgenauer Wein, will man beispielsweise Fischspeisen oder Meeresfrüchtesalate kulinarisch sinnvoll ergänzen.
Zukünftig interessante Weine
Die Region Latium ist auf der kulinarischen Weinkarte für viele Genießer vielleicht noch recht unbekannt, kann aber nicht zuletzt wegen seiner erwähnten geografischen Faktoren nicht nur auf eine spannende Historie verweisen, sondern dürfte auch zukünftig interessante Weine auf den Markt bringen. Auch wenn in Latium vorzugsweise Weißweine produziert werden, lohnt ein Blick auf die Produkte von Principe Pallavicini und Co. durchaus.
Und wer auf der Suche nach Weinen aus den Rebsorten Bombino Bianco, Bellone, Malvasia del Lazio, Trebbiano Verde, Cesanese di Affile, Cesanese Comune oder Trebbiano Giallo ist, wird hier garantiert fündig!
Fotos: Consorzio Roma DOC, Michael Schabacker