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Schloss Ostromecko

Die Direktorin Anna Kornelia Jedrzejewska (Mitarbeiterin im Bezirksmuseum Bydgoszcz) und ihr Team (u. a. Chefkoch Blazej Mirota) haben nach aufwendigen historischen Recherchen die kulinarischen Traditionen der Stadt, des Kreises (Powiat) Bydgoszcz und Region des unteren Weichseltals, der polnischen Woiwodschaft Kujawsko-Pomorska (Kujawien-Pommern) wiederbelebt, modernisiert und neu kreiert. Ein wunderschön gestalteter handlicher Buchkatalog (das Cover versammelt mit stilisierten Zeichnungen von Fisch, Gebäck, Gans und Würsten die Säulen der regionalen Küche) dokumentiert in historischen Fotos (Porzellane und Alltaggegenstände), ornamentalen Zeichnungen (Fasanen- und Pflanzenmotive) und Originalrezepten die kulinarische Geschichte.

Durch die lange, starke Präsenz der Deutschen fanden etliche deutsche Worte in abgewandelter Form Eingang in die kujawisch-pommersche Küche: nudle, eintopf, bombomsy, wurszt, zupa. Die wunderbaren Köche des Schlossrestaurants zaubern ein fantastisches Menü auf die historisch dekorierte Tafel im großen Erker des restaurierten Schlosses, das 1832 nach Plänen aus dem Umfeld Karl Friedrich Schinkels und dann 1849 durch Schinkel-Schüler Eduard Titz im klassizistischen Stil gebaut wurde. Durch die Fenster blickt man auf den Park, der im englischen Stil nach Plänen von Peter Joseph Lenné gestaltet ist und 2009 zum zweitschönsten Park Polens erklärt wurde. Das Mobiliar und Interieur im Stil der Schinkelzeit ist nicht mehr original, doch authentisch nachgebaut.

Das Schloss (Palac Nowy) Ostromecko. Foto: Jürgen Sorges
Das Schloss (Palac Nowy) Ostromecko. Foto: Jürgen Sorges

Als Przytawki (Vorspeisen) kommen ein sagenhaftes Heringstartar, das Chefkoch Blazej Mirota nach einem Rezepot aus den 1930er Jahren kreiert hat (gehackter Hering, eingelegte Gurke, Zwiebeln, trockenes Eigelb, Liebstöckelmayonnaise, Grünkohlpulver), Palastlamm- und Schweinefleischpastete, Thymian-Streusel, Gurke, mit Blüten dekoriert. Dazu wird selbstgebackenes Brot gereicht. Die sehr schmackhafte Geflügel- Rinderbrühe mit frischen Gemüsen und Teignudeln wird in einer großen historischen Suppenterrine serviert. Typisch für die Sommersaison der kujawisch-pommerschen Küche steht Lamm auf der Tagesordnung. Köstlicher zarter Merino-Lammbraten mit exzellent abgeschmeckter in eigener Sauce begleitet von Gemüseplatten: Gebratener Frühlingskohl, grüne Spargelkarotten, gerösteter Blumenkohl, grüne Erbsenschoten, Spargel, Salz- und Bratkartoffeln. Ein Gedicht diese Kuchnia Palacowa (Palastküche).

Trotz der sehr guten Weinkarte bestellen wir ein leckeres regionales Bier: „Krajan“ von der Browary Kujawsko Pomorskie (Kujawisch-Pommersche Brauerei). Natürlich empfiehlt es sich im Schlossrestaurant, das im November 2021 in die Liste des Kulinarischen Erbes Kujawien-Pommerns aufgenommen wurde, einen Tisch zu reservieren, insbesondere wenn es um das Ambiente des Schinkelsaals geht.

Frische, regionale Kulinarik von der Karte. Foto: Jürgen Sorges
Frische, regionale Kulinarik von der Karte. Foto: Jürgen Sorges

Zu Recht führen Anna Kornelia Jedrzejewska und Blazej Mirota stolz die ganz neu restaurierte historische Küche im Schlosskeller vor, die sich z.B. ideal für Frühstücksevents eignet, aber auch als Kochschule fungiert. Ein Spaziergang durch das riesige Schloss- und Parkensemble Ostromecko (38 ha), das bis 2018 restauriert wurde, macht die geographische Lage – eine Hügelkuppe (oberhalb der Weichsel) bewusst. Die Anlage ist Teil des geschützten Naturparks Marienwald. Der Name geht auf Marta Matilda Maria Alvensleben-Schönborn (1854 – 1915) zurück. Und auch die hiesige Mineralwasserquelle ist nach ihr benannt: Marienquelle. Seit 1894 wird das Mineralwasser abgefüllt, heute ist „Ostromecko“ in ganz Polen berühmt.

Im Park gab es einst, typisch für das Ende des 19. Jh.s, eine Fasanerie und ein Rotwildgehege. Mitten in der Parkanalage kreuzen sich Schinkel- und Lenné-Allee, die auf Schildern auch als Alvensleben- und Mostowski-Allee ausgewiesen sind, nach den wichtigen Besitzern (deutschen und polnischen Adelsfamilien). Wir kommen zum Palac Stary (Alte Schloss). Das im Spätbarockstil (1758 – 1766) erbaute Gebäude fungiert heute als Museum. Eine der größten Klaviersammlungen in Polens, zusammengetragen vom Direktor der Pommerschen Philharmonie (Andrzej Szwalbe, 1953 – 1991), ist hier zu bewundern. Das Alte Schloss erlebte eine wechselvolle Geschichte: auf die teutonische Zeit folgten die polnische mit den Adelsfamilien Mostowski und Ostromecko, dann die deutsche, mit der Familie von Alvensleben, nach der ersten polnischen Teilung 1772, als Ostromeck an das Königreich Preußen fiel. Auch als es 1920 wieder polnisch wurde blieb das 3000 Hektar große Landgut im Besitz Joachim von Alvensleben, der polnischer Bürger deutscher Nationalität wurde.

Rundgang durch das Schloss... Foto: Jürgen Sorges
Rundgang durch das Schloss... Foto: Jürgen Sorges

Selbst unter deutscher Besetzung 1939 blieb es unter der Regie der Alvensleben, da der Erbsohn als SS-Rottenführer genügend Macht besass. 1940 wurden hier englischen Kriegsgefangene untergebracht. Auch das Neue Schloss gehörte den preußischen Alvensleben-Schönborn. Im Alten und in Neuen Schloss werden seit geraumer Zeit sehr erfolgreiche Kulturveranstaltungen (vor allem Konzerte) durchgeführt für die federführend die Kuratorin Alicja Dużyk verantwortlich ist.

Und dann gibt es natürlich noch die Ortschaft Ostromecko selbst. Sie ist mit 880 Einwohnern ein kleines Straßendörfchen aus Ziegelsteinhäusern, die seit 1996 schön restauriert wurden. Sehenswert ist auch Ostromeckos Glockenturm der 1763 – 1764 errichteten Sankt-Nikolaus-Kirche.


Informationen:

Polnisches Fremdenverkehrsamt, www.polen.travel

Kujawsko-Pomorska Organizacja Turystyczna, www.kujawsko-pomorskie.travel

Bydgoszcz Information Centre (Bydgoskie Centrum Informacji), www.visitbydgoszcz.pl/de

Projekt „Niech Cię Zakole“, www.niechciezakole.pl

Dziedzictwo Kulinarne Kujawi i Pomorze, www.kujawsko-pomorskie.travel/pl/content/siec-dziedzictwo-kulinarne-kujawy-i-pomorze

Zespół Pałacowo-Parkowy w Ostromecku, www.palaceostromecko.pl

Fotos: Jürgen Sorges

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