Als „Haus Monopol“ wurde es 1891 bis 1892 im neubarocken Stil mit Art-Deco-Elementen errichtet. Ende des 19. Jh. hatten der Bankier Wallenberg Pachaly und Architekten Karl Grosser das Grundstück im Stadtzentrum des damaligen Breslau erworben, nur 450 m entfernt vom Ring, Breslaus historischem Marktplatz, und direkt an der bis heute wichtigsten Einkaufsmeile der schlesischen Metropole, der Schweidnitzer Straße gelegen. Zuvor war hier das Areal eines früheren Klosters, das später, ab 1817, auch als Gefängnis gedient hatte. Direkt dahinter erhob sich die gotische Dorotheenkirche aus dem 14. Jahrhundert, heute die Kirche St. Dorothea, Wenzel und Stanislaus. Natürlich war Architekt Karl Grosser auch für den ursprünglich als Kaufhaus plus Hotel konzipierte Bau selbst verantwortlich.
Und da das Hotel um die vorletzte Jahrhundertwende, also 1900, einen hervorragenden Ruf genoss und damals alle Anforderungen an eine Luxusherberge europäischen Rangs erfüllte, wurde der hochprofitable Hotelbetrieb nach und nach ausgeweitet. Die Zimmerzahl von einst 69 (21 EZ, 46 DZ, 2 Suiten) wuchs permanent an. Heute werden in diesem Fünf-Sterne-Superior-Hotel der Extraklasse 121 Zimmer und 14 Suiten angeboten, dazu öffnet ein luxuriöser Wellness & Spa-Bereich im Kellergeschoss.
Das wunderbar restaurierte Monopol Restaurant mit polnischer Küche und das Ristorante Acquario mit italienisch-mediterraner Küche und das Café Bar Monopol locken kulinarisch. Für die Qualität sorgt Küchenchef Mariusz Kozak. Sein Team sorgt auch für den Service auf den per Fahrstuhl bequem erreichbaren Dachterrassen des Monopol. Von hier schweifen gerade im Sommer die Blicke auf ganz wunderbar restaurierte Wroclaw. Unter uns tobt auf der Schweidnitzer Straße, heute die zur Fußgängerzone gewandelte Swidnicka, das Leben wie eh und je. Nur die Straße zum Haupteingang des Monopol, die einstige Agnes-Sorma-Straße, heißt heute selbstverständlich anders. An der Hausnummer 2 der ul. Heleny Modrzejwskiej zeigt ein mächtiger Portikus mit aufgesetztem Balkon den Hotelzugang an.
Und der ist das historische Menetekel des Tophotels. Denn dieser vorgesetzte Portikus ist architektonisch ein Fremdkörper, wurde erst 1937 hinzugefügt. Den Grund für diesen fatalen Eingriff in die Fassadengestaltung lieferte Adolf Hitler. Denn der wollte hier in Breslau ein Jahr später, zur Eröffnung des letzten großen Mega-Sportevents der Nazizeit, des Deutschen Turn- und Sportfests 1938 (27.7. – 31.7.1938; 150000 Aktive, 150000 Festzugteilnehmer, 70000 Menschen bei der Abschlussvorführung), eine Rede halten und wohl auch die Festzugsparade abnehmen. Dies geschah dann auch. Doch anders als etwa schon in der Frühzeit des Hotels Literaturfürst Gerhart Hauptmann hat der GröFaz Hitler nie im Monopol logiert. Und nach den bombastischen Nazi-Spektakeln kamen bekanntlich die Bomben, die auch das Monopol in den letzten Kriegsmonaten 1945 erheblich trafen.
Und so ist es ein kleines Wunder, dass nicht nur der schwer getroffene Kaufhausteil des Komplexes ab 1961 wieder aufgebaut wurde und dort das Café Bar Monopol neu eröffnete. Auch der Portikus am Hotel blieb erhalten! Vielleicht lag es daran, das im Herbst 1958, 20 Jahre nach Hitler, vom Balkon des Portikus Super-Tenor Jan Kiepura (1902 – 1966) sang und eine schier unüberschaubare Menschenmenge bei seinem ersten Nachkriegsbesuch in Polen begeisterte. Der polnisch-amerikanische Opernsänger und Schauspieler war mit Richard Tauber und Joseph Schmidt einer der populärsten Tenöre der 1930er-Jahre und begeisterte in zahllosen Filmen und Operetten.
Vor ihm durchschritten allerdings auch schon andere Weltprominente diesen Portikus: 1948 etwa Ilja Ehrenburg, Pablo Picasso, Jorge Amado und Irène Joliot-Curie, die allesamt zu jenem Weltkongress der Intellektuellen erschienen, der während der stark propagandistischen Ausstellung der „wiedergewonnenen Gebiete“ vom 21.7. bis 31.10.1948 in der vom Krieg unversehrten Breslauer Jahrhunderthalle von 1913 stattfand. Auch Marlene Dietrich war im Monopol zu Gast. Andrzej Wajda (1926 – 2016) drehte hier Szenen seines Films „Asche und Diamant“ (1958). Aber wahrscheinlich ist doch Jan Kiepura der wichtigste und berühmteste Gast gewesen. Denn gleich gegenüber vom Monopol erhebt sich Wroclaws Opernhaus. Mit Stadtführerin Małgorzata Urlich-Kornacka, die auch als Journalistin und Autorin tätig ist, dürfen wir die Oper besichtigen.
Entstanden ist sie aus Breslaus Stadttheater, das ab 1841einen ziemlich heruntergekommenen Vorgängertheaterbau von Carl Gotthard Langhans aus dem Jahr 1782 ersetzt hatte. Architekt war übrigens 1841 Sohn Carl Ferdinand Langhans – so blieb alles auch familiär im Lot. Nach Bränden 1865 und 1871 wurde der Bau von Carl Johann Lüdecke bzw. Karl Schmidt erheblich umgebaut und erhielt auch seien heutige Fassade samt Malereien, die kürzlich freigelegt und restauriert wurden. 1954 bis 1956 wurde der Bau nochmals rückwärtig erweitert. Dann aber kam das Oderhochwasser 1997! Die enormen Schäden verlangten eine Generalsanierung, die Restaurierung konnte erst 2005 abgeschlossen werden. Doch die Operngewaltigen nutzten die Zwangspause, etablierten Wroclaws Oper auch „draußen vor der Tür“, entwickelten neue Konzepte für Open air-Veranstaltungen z. B. an der Oder und retteten so die stolze Geschichte des Hauses. Allen voran ist hier die Dirigentin und Intendantin Ewa Michnik (geb. 1943) zu nennen, die das Haus seit 1995 führte. Zuletzt machten sie und die Breslauer Oper auch mit spektakulären Großproduktionen, darunter Wagner-Inszenierungen in der Jahrhunderthalle, international auf sich aufmerksam.
Nun ging im Herbst 2020 die Führung an die neue Intendantin Halina Ołdakowska. Im Gespräch betonte sie die außerordentlichen Ambitionen des Hauses, das weiterhin anstrebt, den Rang eines Opernhauses von Weltrang zu besitzen. Wie außerordentlich bedeutsam die Geschichte der Musik in Breslau ist, das bereits 1725 eine erste Opernaufführung einer italienischen Künstlertruppe unter Antonio Maria Peruzzi erlebte, zeigt auch ein weiterer Prachtbau, der sich der Oper jenseits des einstigen Schlossplatzes anschließt. Die gewaltigen Ausmaße des neuen Nationalen Musikforums entdeckt am besten von der Dachterrasse des Hotels Monopol. Eine Art Walk of Fame führt heute bereits auf dem Musiktempel zu. Er vereint besonders prominente Künstler und Dirigenten, die hier bereits auftraten, z B. Christoph Eschenbach oder Zubin Mehta. Wie die Oper hat natürlich auch das Nationale Musikforum unter den Corona-Restriktionen zu leiden.
Aber Direktor Andrzej Kosendiak, Vizedirektorin Olga Kończak und Vizedirektor Jaroslaw Thiel versuchen natürlich dennoch diesen kolossalen Bau mit seinen vier Konzertsälen erfolgreich zu bespielen. Sir Simon Rattle schwärmte über das 2015 eröffnete Nationale Musikforum der Architektengruppe APA Kuryłowicz & Associates: ‘Wroclaw has one of the greatest European concert halls, a joy for us all to perform in. Lucky city! We hope to return frequently.“
Allein der Hauptsaal fasst 1800 Sitzplätze, es kommen drei Kammermusiksäle mit einem Fassungsvermögen von 250 bis 400 Plätzen hinzu. Das erste polnische Orchester spielte nach dem Zweiten Weltkrieg in den Ruinen der untergegangenen Festung Breslau schon am 29.Juni.1945 auf. Das Ensemble unter der Leitung Stefan Syryłło eröffnete das Konzert mit Chopins Polonaise in A-Dur. Die erste reguläre Konzertsaison wurde dann bereits am 7.8.1945 eröffnet.
Auch daran erinnert draußen vor dem Musikforum ein besonders Ensemble kleiner Bronzewichte. Dort steht die wohl größte Gruppe unter den mittlerweile wohl ca. 600 Bronzezwergen, die Wroclaw/Breslau seit 2001 bevölkern. 22 sollen es ursprünglich gewesen sein, 19 sind es wohl noch heute. Dem Pauker fehlt ein Schlegel und der Dirigent, eine Freiheit des Künstlers, ist hier eine ziemlich resolute Zwergendame. Im Inneren erhielt das Nationale Musikforum, es ist auch Sitz des Philharmonischen Orchesters, jetzt auch noch die neue Orgel. Es ist ein Instrument der Superlative: Die 4700 Pfeifen in 84 Reihen mit 80 Stimmen wurden eigens für das moderne Musikhaus vom renommierten Orgelbauhaus Klais aus Bonn gefertigt und ertönten erstmals am 24. und 25. Oktober 2020.
Gleich rechterhand des NFM öffnet übrigens das Henryk Tomaszewski-Theatermuseum von Wroclaw, das 2016 auch Kulturhauptstadt Europas war. Am Freiheitsplatz 7 A ist es in einem Fragment des einstigen Südflügels des Königsschlosses von Breslau eingerichtet. Vor der Tür steht ein kolossales Bronzehaupt, das den mythischen Sänger und Musik- wie Kulturbringer Orpheus (Orfeusz) darstellt. Das Modell für dies Werk schuf Bildhauer und Kunstprofessor Theodor von Gosen (1873 – 1943) im Jahr 1942. Doch das Werk in heutiger Form samt vergoldeter Schwingen im Haar existiert es erst seitdem Kulturhauptstadtjahr 2016. Die Künstler waren Stanislaw und Michal Wysocky. Und der Platz ist perfekt gewählt.
Information:
Polnisches Fremdenverkehrsamt, www.polen.travel
Visit Wroclaw (Breslau): https://visitwroclaw.eu/de
Übernachten/Essen und Trinken:
Hotel Monopol, https://monopolwroclaw.hotel.com.pl/hotel-monopol-wroclaw
Fotos: Jürgen Sorges