Foodie

Sommerfest in Stuttgarts bestem Restaurant

Selbst das in diesem Jahr so launische Wetter zeigt sich zum diesjährigen Sommerfest der Speisemeisterei von seiner besten Seite. Viel Sonnenschein und das stimmungsvolle Ambiente des Hohenheimer Schlosses bilden den würdigen Rahmen für die Veranstaltung. Das diesjährige Fest war das erste mit dem Gastronomen Michael Wilhelmer als Geschäftsführer, der das Restaurant im Februar übernommen hatte.

Gastgeber Stefan Geschwendtner begann bereits 2008 als Souschef in der Speisemeisterei, wurde 2016 Küchenchef und erkochte sich vor zwei Jahren den zweiten Michelin-Stern. Damit ist sein Restaurant zur ersten Adresse der Region Stuttgart avanciert. Mehr als 100 Gäste sind gekommen, um sich von ihm und seinem exzellenten Team verwöhnen zu lassen. 

Sommerfest im Schloss Hohenheim. Foto: Tom Weller
Sommerfest im Schloss Hohenheim. Foto: Tom Weller

Zum Entrée locken feinste irische Austern, mild-würziger Forellenkaviar und ein exquisiter Kaviar vom Sibirischen Stör mit einem Salzgehalt von weniger als vier Prozent. 

Den passenden Champagner dazu zu finden, erweist sich als Qual der Wahl. Mit Lallier, Nyetimber, Louis Roederer, Heidsieck, Bollinger, Ruinart und der Domaine Chanson geben sich gleich sieben Champagner-Häuser mit jeweils mehreren Varianten in der Speisemeisterei ein Stelldichein.

Nuancenreiches Spiel von Aromen und Texturen

Zum Apéro reicht das charmante und hoch aufmerksame Serviceteam raffinierte Schweinebauch-BBQ-Pralinen, herrliche mit Miso und Ponzu veredelte Pralinen sowie Lauch-Trüffel-Quiche. Wer dazu Lust auf ausgefeilte Cocktail-Kreationen mit Gin – mit oder ohne Alkohol – hatte, wird bei der gleichermaßen erfinderischen wie sympathischen Speisemeisterei-Bartenderin Lisa Neubauer fündig.

Küchenchef Gschwendtner legt selbst Hand an. Foto: Tom Weller
Küchenchef Gschwendtner legt selbst Hand an. Foto: Tom Weller

Schon die drei Vorspeisen zeigen eindrucksvoll, wohin die kulinarische Reise an diesem Nachmittag gehen wird. Allen gemeinsam ist die hohe Produktqualität und die handwerklich perfekte Zubereitung. Das Sashimi vom Saibling etwa paarte Küchenchef Gschwendtner mit Ponzu und Ingwer, während der topfrisch auf den Punkt gegarte Hamachi von Avocado-Coulis und Koriander begleitet wird. Als nuancenreiches Spiel von Aromen und Texturen präsentiert sich die Kombination aus Ajo Blanco, Traube, Staudensellerie und Räucheraal. 

Um die Wartezeit bis zum Servieren der Hauptgänge zu verkürzen, lockt die Sushi-Station mit verschiedenen Variationen von Färöer-Lachs und Balfego-Thunfisch. Exzellent nicht nur die Qualität der Meeresbewohner, sondern auch die des intensiv leuchtend grünen Wasabi, das wegen seiner extremen Schärfe schon in homöopathischer Dosierung genügt.

Tafelspitz vom Wagyu mit grünem Spargel. Foto: Christian Euler
Tafelspitz vom Wagyu mit grünem Spargel. Foto: Christian Euler

Kulinarisch-kraftvolle Liaison

Dass Chef de Cuisine Gschwendtner über eine vortreffliche Kombination aus Können und Kreativität verfügt, zeigen auch die Hauptgänge. Der delikate Pulpo etwa kam mit Chorizocreme und Bohnensalat aufs feine Porzellan, während der Romanasalat mit Bacon und samtiger Parmesancreme eine kulinarisch-kraftvolle Liaison eingeht. Als wahrer Gaumenschmeichler entpuppt sich das Pastrami von der Rinderbrust, das mit einer dezenten Salsa Verde arrondiert wird. Erstklassig in puncto Zubereitung und Produktqualität ist der Tafelspitz vom Wagyu in Begleitung von grünem Spargel, einer fulminanten Kräuter-Hollandaise und Tomatenvinaigrette. 

Zitronen-Cheesecake. Foto: Tom Weller
Zitronen-Cheesecake. Foto: Tom Weller

Die sonntägliche Gourmandise darf natürlich nicht ohne Desserts wie Ingwer-Nussbutter-Tartelette, Zitronen-Cheesecake und Schokoladenmousse mit Haselnuss-Crumble enden. Als wäre dies nicht genug der süßen Verführungen kredenzt die bezaubernde Jana an ihrer Station betörende Eissorten wie Shiso, Salzkaramell und Tonkabohne. 

Als perfekt dazu passender Wein bietet sich die Forster Ungeheuer Spätlese des Deidesheimer Topweinguts Reichsrat von Buhl an. Ähnlich wie in puncto Champagner fällt auch die Weinauswahl schwer. Neben dem Pfälzer Traditionshaus zeigen auch die Tropfen des Remstaler Top-Winzers Rainer Schnaitmann Präzision und aromatische Brillanz. Nicht umsonst wird sein ökologisch bewirtschafteter Betrieb von Weinkritikern immer wieder mit Bestnoten bedacht.

Mor Austern mit Schalottenvinaigrette. Foto: Tom Weller
Mor Austern mit Schalottenvinaigrette. Foto: Tom Weller

Weingut Höfflin: wohltuend unprätentiös und ungekünstelt

Eine Entdeckung ist das seit 1974 als Bioland-Betrieb zertifizierte Weingut Höfflin aus Bötzingen am Kaiserstuhl. Inhaber Matthias Höfflin und sein Sohn Julian bewirtschaften 17 Hektar Rebfläche und nutzen nur die natürlichen Hefen aus dem Weinberg. Hilfsmittel oder Zusätze sind tabu. Der spontan auf der Maische vergorene 2019er Müller-Thurgau etwa zeigt sich im Glas hefetrüb mit goldenen Reflexen. Am Gaumen stoffig, dicht und saftig. 

Ein vinophiles Kleinod ist der 2018er Naturreich Grauburgunder. 48 Monate im 500-Liter-Holzfass und mit minimaler Schwefelgabe ausgebaut, überzeugt er mit feiner Cremigkeit, ausgewogener Säure und einem langen Finale. „Sie sind wohltuend unprätentiös, ungekünstelt, auch mal karg, mal anstrengend, aber geben nie vor, etwas anderes zu sein als das, was sie sind“, schreibt der Eichelmann-Weinführer. Besser kann man es nicht auf den Punkt bringen. 

Fotos: Tom Weller, Christian Euler

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