Weltweit bekannt, beliebt und begehrt: Das Porzellan der Königlichen Porzellanmanufaktur Berlin. Im September 2023 werden es 260 Jahre sein, dass dort edelstes, unverwechselbares Porzellan in Spitzenqualität hergestellt wird.
„Eine Krone ist lediglich ein Hut, in den es hineinregnet“, sagte Friedrich II, König von Preußen, auch Friedrich der Große oder „Der Alte Fritz“ genannt. Kurzerhand erwarb er 1763 die Manufaktur von Ernst Gotzkowsky. Sie wurde zur „Königlichen Porzellanmanufaktur Berlin“. FdG war seinerzeit einer der eifrigsten Käufer dieser außergewöhnlich schönen und wertvollen Porzellane, er besaß u.a. 21 reich dekorierte Tafelservice.
Der Standort der Manufaktur an der Spree im Stadtteil Tiergarten ist nicht zufällig. Er erleichterte damals die Anlieferung oder den Abtransport von Materialien und Waren per Schiff. Das „Weiße Gold“, 1708 in Dresden anstelle von Gold erfunden, gab es in China bereits im 7ten Jahrhundert. Doch erst im 17ten Jahrhundert gelangte es auf Handelswegen über Holland nach Europa.
Die drei Zutaten
Alles beginnt mit der richtigen Mischung. Das Rezept der Masse – das Arkanum –, etwa zur Hälfte aus Kaolin und zu je einem Viertel aus Feldspat und Quarz, bleibt ein Geheimnis. Das Quarz erfährt eine starke magnetische Reinigung, in der ihm allerkleinste Metallreste entzogen werden, da Eisen im Brand „aufblüht“ und im Brand als Pünktchen im Porzellan sichtbar sein würde. Die Masse wird in großen Mengen durch eine Art Fleischwolf zu produktionsfertigen „Hubeln“ verarbeitet.
Diese langen Tonstangen werden dann, in Scheiben geschnitten, zu „Filterkuchen“. Deren Abmessungen entsprechen der Größe der geplanten Stücke. In dem sogenannten „Maukenprozess“, einem Raum mit 100Prozent Luftfeuchtigkeit, lagern sie je nach Durchmesser dort einige Wochen bis zu einem Jahr. Sie müssen feucht bleiben, andernfalls entstünden während der Verarbeitung Schäden.
80 Prozent der KPM-Porzellane sind rein weiß, der Rest sind bemalte Objekte. Je größer ein Stück ist – wie etwa die Büste Friedrich des Großen – desto schwieriger ist die Herstellung. KPM erarbeitet jährlich in etwa 250.000 Stücke, mehr sei bei diesem höchsten Qualitätsanspruch nicht zu schaffen.
Designen, Formen, Gießen, Brennen: Für die Fertigstellung eines Stückes benötigen 25 Manufakturisten insgesamt 29 Arbeitsschritte, um etwa eine weiße Porzellantasse mit dem KPM Berlin Perfektionsanspruch zu fertigen. Die Ausführung braucht 14 Tage, dabei durchläuft jedes Objekt zehn Qualitätskontrollen, von Hand verlesen. Erst dann wird die Marke, das kobaltblaue Zepter aufgetragen.
Ohne Gips kein Porzellan
Die meiste Zeit erfordert bei KPM das Erarbeiten der Form frei per Hand, sie werden dem Entwurf entsprechend aus Gips hergestellt, ein zweites Modell etwa 16 Prozent größer, es berücksichtigt den Schwund bei der Trocknung.
„Mit Gips zu arbeiten ist tückisch, Gips bindet sehr schnell ab und erwärmt sic“, erklärt Einrichter Rainer Kasten. In dem Moment wo der Gips angerührt ist, gebe es kein Zurück mehr. Es darf keinerlei Luft darin sein. Wenn der Gießling in der Form leicht angetrocknet ist, löst er sich von der Form, kann herausgenommen und ins Regal gestellt werden. Das ist der Moment, in dem für Rainer Kasten alles perfekt gelaufen ist. Der dortige Abkühlungsprozess dauert etwa zwei bis drei Stunden.
Alles Handarbeit
Manufakturisten brauchen eine gänzlich ruhige Hand. Im getrockneten Zustand sind alle Stücke weiss, haben aber noch Nähte und Kanten, die vorsichtig abgeschliffen werden. Kein Stäubchen darf das Stück trüben, denn im Verglühbrand von über 20 Stunden wird alles fixiert. 980 Grad Celsius sind es nur zu Beginn, die Abwärme der Öfen wird in das Berliner Fernwärmenetz eingespeist.
Das klassische „Kurland“ etwa hat einen gemusterten Rand, dessen Glasur soll rauh sein. Also wird per Hand präzise eine Schutzflüssigkeit aufgetragen, sie färbt die entsprechende Fläche gelb, die dann später wie gewünscht aussieht – weiß und rauh.
Nach dem Brand werden die Stücke „abgepudert“ und in Kontrollflüssigkeit getaucht, das Blautauchen. So sind auch die kleinsten Fehler wie Luftblasen, Risse oder Pickel zu erkennen, diese Stücke werden dann ins Recycling aussortiert. Die Färbung ist nach kurzer Zeit nicht mehr zu sehen.
Große Designernamen
Die Manufaktur-Historie weist große Namen auf: Aus den Händen von Marguerite Friedlaender stammt das legendäre HALLE-Mokkaservice. Weltberühmt sind auch der geflochtene Zuckerkorb von Karl Friedrich Schinkel und das farbenfrohe Kaffeeservice URBINO von Trude Petri.
Besonders auffällig die Henkelform der Teekanne im Service Berlin des Mailänder Designers und Objektkünstlers Enzo Mari 1996. Die ergonomische Gestaltung sichert perfektes, halten und eingießen.
Sehr viele der zeitlosen Entwürfe stammen vom aktuellen Chefdesigner Thomas Wenzel, seit fast 30 Jahren bei KPM. Sie schmücken die Wände der Manufaktur-Korridore – alle handgezeichnet, ein Computer könnte sie nicht präziser erstellen. Eine Reihe von ausgestellten Tee- und Kaffeekannen seit der Manufaktur-Gründung macht die Entwicklung der Formen und Stile deutlich, auch der Übergang von Biskuitporzellan zum glasierten Porzellan.
Auch KPM durchläuft einen Zeitenwandel, allerdings ohne die klare, funktionale und zeitlose Formensprache aufzugeben. Man setzt Statements, regt zum Perspektivwechsel an. Aus der KURLAND-Linie kommt der neue To Go Becher mit dem Zeug zum „ständigen Begleiter“, eine limitierte Edition auch in Dunkelpurpur, Cleadon/grün oder Altgold. Im Geiste des Zusammenwirkens von Tradition und zeitgenössischer Kunst entstand 2021 die „To Go Becher“-Variante mit Ambigramm LOVE HATE in Rosé von der performative Konzept-Künstlerin Mia Florentine Weiss. Und der Champagnerbecher „Kurland Royal Marbre“ ist nur scheinbar aus Marmor.
Zur Erinnerung an David Bowie prangt eine informative KPM-Gedenktafel aus weißem Porzellan an der Hauswand an der Schöneberger Hauptstraße 155, viele Jahre das Zuhause des britischen Popstars. Aus dem Archiv feiert gerade das Papageienmuster Wiederauferstehung, auch kommt der Humor nicht zu kurz wie man an dem Vide Poche „Au revoir!“ sehen kann: Designer Serge Bloche lässt einen Mann durch die Teller-Oberseite steigen, auf der Rückseite hinterlässt er Fußspuren.
Die Zukunft ist schon da
Mit KPM LAB „Berlin“ entwickelt Thomas Wenzel eine neue futuristische Laborästhetik, minimalistisch-technische Formensprache für die moderne Küche, Schalen, Becher, Teller, Vasen ebenso wie eine Teekanne. Herausragend der LAB Kaffeefilter, der einer gefalteten Filtertüte ähnelt. Bei dem aktuellen Paradestück, dem LAB Filter waren es zwei Jahre Entwicklungszeit, es wurde sogar eine Barista hinzugezogen.
TOM – verborgen hinter wuchernden Pflanzen
Im Atelier duftet es intensiv nach Nelken, Lavendel oder Orangenöl. Es sind die Öle, den jeweiligen Farben beigemischt, mit denen KPM-Objekte handbemalt werden. Hier herrscht TOM, TeamOrientiertes Malen.
Die Künstler und Künstlerinnen arbeiten – jeder einzelne spezialisiert – verborgen hinter Regalen voller Grünpflanzen. Diese neutralisieren den Farbgeruch, nehmen Schadstoffe und Staub aus der Luft auf -und schaffen zudem eine sehr stimmige Arbeitsatmosphäre.
Hier entstehen die Blumen, Ornamente oder auch der Ausdruck auf Skulpturen, das Vergolden mit 24-karätigem Gold auf Objekten oder Tafelaufsätzen. Bei 860 Grad werden die Farben dann in die Glasur eingebrannt. Die KPM-Porzellane gehen in ausgewählte Stores auf der ganzen Welt, auf Luxusyachten, zu Sammlern. Ideen von wohlhabenden Kunden, die sich bei KPM etwas Besonderes gönnen möchten, können eingearbeitet werden, jedoch bleibt der unverkennbare erkennbare KPM-Stil stets unverfälscht – wie für die Ewigkeit gemacht…
Informationen:
KPM Hotel & Residences, www.kpmhotel.de
Dong A Restaurant & Bar, www.dong-a.de
KPM/ Königliche Porzellanmanufaktur Berlin, www.kpm-berlin.com
Fotos: Agentur Plan B KPM, Benjamin Zibner, Uta Petersen