2009 kam er durch die Vermittlung von der zentralen Bundesagentur für Künstler nach Deutschland und dank eines von der ZAV vermittelten Vorsingens hat er dann an den Wagnerfestspielen in Bayreuth teilgenommen. Von dort ging er in eine Festanstellung am Stadttheater in Bremerhaven, wo er von 2009 bis 2016 tätig war. Seit 2016 ist er nun an der Staatsoper Hannover engagiert. DER KULINARIKER im Gespräch mit Giorgi Darbaidze.
Seit wann führen Sie das georgische Weinhaus und wie sind Sie dazu gekommen?
Ehrlich gesagt, es war nicht geplant und ich hätte nie gedacht, dass ich ein Unternehmen gründen oder führen würde, weil mein Leben sowieso sehr ausgefüllt war mit verschiedenen Ereignissen, die insbesondere meine künstlerischen und sängerischen Tätigkeiten betrafen. In der Tat hatte ich schon mehrfach Angebote aus Georgien, etwas ähnliches anzufangen, abgelehnt. Als ich wieder einmal nach Georgien gereist war, kam dann plötzlich der Umbruch: ich erkannte, dass ich aus der europäischen Perspektive besser einschätzen konnte, was das Besondere an Georgien ist, was dieses kleine uralte Land besitzt. So entstand in mir der Wunsch, dieses möglichst vielen Menschen zugänglich zu machen. Als georgischer Sänger fühle ich mich, ebenso wie alle anderen Georgier, die auf deutschen oder anderen europäischen oder ausländischen Bühnen stehen, gewissermaßen als Botschafter unseres kleinen Landes.
Dabei sah ich die Möglichkeit, in Deutschland und Europa eine ganz besondere Botschaft zu setzen, indem ich einen außergewöhnlichen Teil unserer Zivilisation noch bekannter machen wollte, nämlich den einzigartigen georgischen Wein, der als Beginn der Weinkultur auf unserem Planeten angesehen werden kann und somit unberührt auf eine ununterbrochene Geschichte von mindestens 8000 Jahren zurückblickt. Um es nochmal zu betonen, Georgien ist sozusagen die Wiege der Weinkultur.
Wo sehen Sie die Verbindung von Wein und Musik?
Es gibt tatsächlich eine sehr starke Verbindung. Nehmen wir zum Beispiel die Tradition der Weinlese, die in Georgien nach wie vor existiert: barfuß stampfen Männer gemeinsam die Trauben in großen Fässern, bevor der Saft der ausgepressten Weintrauben in Tonkrüge abgefüllt wird. Dieses Bild ist schon bekannt und jeder kann sich das vorstellen, aber nur wenige wissen, dass die Männer bei dieser Arbeit auch unbedingt singen sollen. Nun werden Sie fragen, warum das so ist, war das ein Ritual oder einfach aus Freude, oder was steckt dahinter? In Georgien sagt man: Wenn du deinen Nächsten nicht liebst, kannst du auch nicht gemeinsam mit ihm singen. Genau diese Energetik von Gemeinsamkeit, zwischenmenschlicher Liebe, Verbundenheit und Vorfreude auf den Wein tragen diese besonderen Produkte in sich. Man findet mittlerweile in allen Kulturen zahlreiche Lieder und Gesänge über Wein. Meiner Ansicht nach kann man diese zwei Sachen nicht trennen – man singt bei der Weintraubenpflege, Weinlese, Weinherstellung und natürlich auch, wenn man diesen göttlichen Saft genießt.
Was schätzen Sie so sehr an den georgischen Weinen?
Die Vielfältigkeit, Tradition und Außergewöhnlichkeit. Vielfältigkeit, weil in so einer kleinen Fläche Georgiens 527 örtliche Rebsorten existieren (ca. 15 % von der ganzen Welt). Jede Rebsorte hat ihren eigenen Charakter, der sich in dem Wein widerspiegelt, kein Wein schmeckt gleich, jeder Wein hat seinen eigenen unverwechselbaren Geschmack .
Die 8000 jährige Weinherstellungstradition ist ein lebendiges und unvergängliches Beispiel für die Außergewöhnlichkeit dieser Weinkultur und der Herstellungsmethode dieser Weine. Das ist Tradition mit einer unglaublichen Treue zur Rebe und zum Wein. Schon immer, von archaischen bis zum heutigen Tag, spielte der Wein die bedeutsamste Rolle in Georgien.
Es ist immer wieder erstaunlich, wie man sich bei georgischen Weinen täuschen kann. Man riecht daran und bekommt zum Beispiel den flüchtigen Eindruck, dass es sich um einen Aperitif Süßwein handeln könnte, aber beim Verkosten wird man von einem trockenen, tanninreichen, gleichzeitig fruchtigen und balancierten Produkt überrascht.
Man muss erwähnen, dass es ein rein biodynamisches Produkt ist – Natur pur von Quevri Weinen (georgische Weinamphoren), die auch in der repräsentativen Liste der UNESCO als immaterielles Weltkulturerbe der Menschheit stehen.
Warum gehört die georgische Methode der Weinbereitung seit dem Jahr 2012 zum Weltkulturerbe?
Stellen Sie sich einmal vor, dass die Menschen von ibero – kolchischer und vielleicht auch von chaldäischer Herkunft in der Vergangenheit vor 8000 Jahren eine Methode gefunden haben, um von der Rebe Wein zu produzieren. Sie haben damals ein Tongefäß speziell zu diesem Zweck entwickelt. Diese Tongefäße waren nicht nur ein-, sondern zweischichtig und dienten auch dem Temperaturausgleich. Sie wurden in der Produktion bei 1000 Grad Hitze getrocknet und wurden gewissermaßen wie ein Kühlschrank eingesetzt. Das alles existierte schon vor 8000 Jahren in fertiger Form, das ist wissenschaftlich bewiesen. Man hatte schon lange gedacht, dass sich die Menschen dort schon viel früher mit der Weinkultur beschäftigt hatten, aber diese Quevri, die bei archäologischen Ausgrabungen in dem Dorf Imiri gefunden wurden haben die Geschichte neu erzählt. Übrigens liegt dieses Dorf ganz in der Nähe von Seimerlo, dem Dorf, aus dem ich stamme.
Wir Georgier wussten schon immer, dass wir eine ganz besondere Beziehung zur Weinrebe und Weinherstellung haben, und das war nicht ohne Grund. Wissenschaftler aus der ganzen Welt haben das endlich bestätigt und für erwiesen befunden.
Es ist erstaunlich, dass diese Weinkultur sämtliche Kataklysmen, verschiedene Kriege, Besetzungen, Eroberungen oder sogar kommunistischen Terror und in der letzten Phase sogar das vom Kreml verordnete sogenannte Trockene Gesetz, bis zum heutigen Tag in seiner archaischen Ursprungsform überstanden hat.
Die Georgier haben unserer Zivilisation den Wein gebracht – das kann man laut und deutlich sagen!
Könnten Sie kurz beschrieben, was die georgischen Weine auszeichnet?
Einfach Natur pur. Von der ersten Berührung der Rezeptoren ist man erstaunt, denn es wirkt, wenn ich es so vergleichen kann, wie herrliche Musik von Mozart oder Verdi, und es wirkt bei jedem.
Flüchtigkeit, Duft und unerwartet trockener und vollmundiger Geschmack begeistert jeden Weinliebhaber. Ich habe mehrere Kunden, die früher zum Beispiel nur Weißweintrinker oder Rotweinliebhaber waren. Nachdem sie unsere Quevri Weine gekostet hatten, gab es diese Definition für sie nicht mehr.
Erwähnenswert ist auch, dass diese Weine einen Alkoholgehalt von 13 bis 14 Prozent haben. Aber sie sind so angenehm im Abgang, dass man nie das Gefühl eines schweren Weines bekommt. Im Gegenteil, man leert die Flasche Wein fast unbemerkt und zwar ohne Nebenwirkungen oder einem Kater am nächsten Tag. Auch das ist ein besonderes Merkmal von Quevri Weinen.
Wie viele Weine führen Sie in Ihrem Sortiment? Wie viele davon reiften in Amphoren?
Wir haben bis jetzt etwa 150 Weinsorten eingeführt, 26 davon sind Quevri Weine. Diese Quevri Weine sind kein Massenprodukt und in Georgien selbst gibt es eine große Nachfrage. Selbstverständlich wird die Anzahl der verschiedenen Weinsorten auch in unserem Shop wachsen. Besonders interessant sind die Weine von wenig bekannten Rebsorten, die man in bestimmten Orten in eingeschränkter Menge findet. Das sind ganz außergewöhnliche Naturprodukte.
Welche Länder und Kunden favorisieren georgischen Amphorenwein? Ist ein Trend erkennbar?
Es ist langsam ein Trend geworden und mittlerweile konkurrieren viele Länder. In den osteuropäischen Ländern und dem Baltikum sind die Weine bekannter, aber sie sind ebenso in Japan sehr beliebt. Auch in dem typischen Weinland Frankreich werden die Quevri Weine sehr geschätzt, was mich angenehm überrascht hat. Die französischen Weinliebhaber und Weinhändler sind ausnahmslos einfach verliebt in dieses biologisch dynamische Produkt. Auch in Deutschland wird es immer populärer und beliebter. Allerdings würde ich mir wünschen, dass unsere Weinbranche etwas mehr Offenheit für dieses Weinland und unsere Produkte zeigen würde.
Sie haben eine besondere Auswahl an Amphorenweinen getroffen. Was zeichnet die drei Produkte, den Saperavi Qvevri (Vazisubani Estate), Kisi Qveri (Vazisubani Estate) und den Tsitska vom Mönchskloster aus?
Außer der Tatsache, dass diese Weine renommiert und mehrfach mit verschiedenen Medaillen ausgezeichnet worden sind, zuletzt bei Mundus Vini 2020 mit Gold, stehen sie stellvertretend für verschiedene Regionen Georgiens. Saperavi aus Ostgeorgien ist eine besondere Rebe. Der Wein kommt aus der wunderbaren Weinregion Mukuzani und ist konsistenzreich dunkel rubinfarben. Deshalb bezeichnen wir ihn in Georgien als Schwarzwein.
Kisi ist auch eine uralte östliche Rebe, der Wein bekommt vom Quevri seine typische bernsteingoldene Farbe. Die Winzer achten allerdings bei der Weinherstellung nicht auf die Farbe, sondern nur darauf, dass der Wein reif zur Vinifizierung bereit ist. Ungefilterter Wein ist sehr balanciert, aber trotzdem reich an Tanninen und unglaublich fruchtig.
Tsitsak gehört zu den westgeorgischen uralten Weinrebsorten. Die Dünenlandschaft, aus der diese Rebsorten stammen, spiegelt sich auch in dem Wein wider und dank Quevri spürt man ein wenig diese Leichtigkeit in sich. Dieser Wein passt perfekt zu Fischgerichten und trotz seiner tanninreichen Struktur entdeckt man viele subtropische Früchte in seinem Geschmack Weihnachten haben wir einen Tsitska Wein vom Jahrgang 2011 probiert. Ich sage Ihnen, es war unglaublich, einfach unbeschreiblich. Nebenbei bemerkt, die Haltbarkeit dieser Weine ist wirklich sehr lang.
Alle drei Weine sind trockene Weine und sie haben nur einen einzigen „Nachteil“: Man kann sich sehr schnell und chronisch in diesen göttlichen Saft verlieben.
Fotos: Georgi Darbaidze, Carola Faber